Dass Köln eine Hochburg der elektronischen Musik ist, ist weltweit bekannt. Mit der Rockmusik steht es nicht so gut. Die wohl einzige Band von Weltruhm ist Can. Dementsprechend bekannt ist das Werk, und echte Fans haben fast alle ihre Alben (außer vielleicht „Out of Reach“ und „Can“). Doch es gibt noch mehr Material. Als ihr altes Tonstudio in Weilerswist ins Museum kam, wurden Bänder mit 50 Stunden Material gefunden, von denen jetzt 30 Stücke auf drei CDs veröffentlicht werden. Klar hört man da zum Teil bekannte Motive, lange Improvisationen, Liveaufnahmen, Versions und Exzerpts – und das macht alles viel Spaß. Aber unter den Stücken sind auch etliche Perlen, die selbst auf den Studioalben herausgestochen hätten (Mute). Die Berliner Neo-Krautrocker Camera spielen gerne mal nachts auf der Straße oder in der U-Bahn und mogeln sich mit ihrem Set auch mal in öffentliche Veranstaltungen. Offizielle Weihen haben sie durch ihr Zusammenspiel mit Michael Rother und Dieter Moebius erhalten. Für ihr erstes Album „Radiate!“ mussten sie damit klarkommen, dass alle widrigen Umstände fehlten. Dafür klingen ihre ausladenden Improvisationen noch ansprechend rau, sie nutzen aber auch die Gelegenheit, um ruhigere Passagen auszukosten (bureau b).
Sie sind beste Freunde, und sie haben beide neue Platten draußen: „A Collection of Rarities and previously unreleased Material“ ist die erste Retrospektive vom irren John Maus. Siedurchstreift wieder die übelsten Regionen der 80er Jahre und lässt einen all das lieben, was man einst gehasst hat. Wie er das macht? Die fiesesten Sounds taucht er in die besten Farben, Synthie-Chart-Pop wird bei ihm zu einem sehnsüchtigen Echonebel vertaner Chancen, und die Texte dazu sind abgründig. Abgründig kann sein Buddy Ariel Pink auch, nur klingt es bei ihm nicht nach neonpinker Nacht in Miami, sondern nach gesättigten 70ern. Auch hier gilt: alles wunderbar wattig und fantasievoll, aber Vorsicht: Auch auf „Mature Themes“ kann hinter jedem Wohlklang ein kleines Unbehagen auftauchen (4 AD). „Cut the World“ ist eine Sammlung von Stücken, die Anthony and the Johnsons im letzten Jahr in Kopenhagen live mit dem nationalen dänischen Kammerorchester eingespielt haben. Die Stücke stammen von allen vier Studioalben, die Streicherarrangements betonen den dramatischen Aspekt der Musik von Anthony Haggerty. Das Titelstück ist ein Teaser zu seiner kommenden Zusammenarbeit mit Robert Wilson und Marina Abramovic (Rough Trade).
Wenn Gabor Schablitzki alias Robag Wruhme, ehemals eine Hälfte des Duos Wighnomy Brothers, eine Mix-CD macht, dann hat das nicht viel mit einem herkömmlichen DJ-Mix zu tun. Das gilt auch für „Olgamikks“, die erste CD zum Nachtdigital-Festival im Spreewald. Zum einen verwendet er nur Remixe, die er selber von Stücken von Dntel, Modeselektor, Gui Boratto, Extrawelt, Audiovision, Claude VonStroke, Romboy u.a. gemacht hat. Zum anderen verstreut er über den gesamten Mix seine Soundpartikel, arbeitet sie in den komplexen Funk ein und lässt einen unvergleichlichen Fluss entstehen, in dem sich auch noch drei neue Stücke verstecken (Pampa). Die in Rumänien geborene, in Toronto aufgewachsene und in Berlin lebende Simina Grigoriu hat Paul Kalkbrenner auf seiner letzten Tour supportet. Da konnte sie schon zeigen, wie sie eine Party rockt. Auf ihrem Album „Exit City“ unterstreicht sie, dass sie nicht als Freundin von Kalkbrenner gefördert wird, sondern weil ihr minimal melodisch aufgeladener Techno warm und mächtig den Raum füllt (Susumu).
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