Anderthalb Jahre ist der Knirps alt, der gerade gut versorgt ins Bett gebracht wurde. Seine Mutter ist unterwegs mit Freunden. Der Vater sitzt gegenüber am Esstisch. Ruhe ist eingekehrt nach den väterlichen Aufgaben des Samstags. Neue Väter, gibt es die überhaupt? „Väter sind die neuen Mütter“, sagt der Freund nach kurzem Überlegen, „fast alle Aufgaben können von beiden Elternteilen übernommen werden. Und das machen ja auch viele. Bei uns ist es jedenfalls so, dass wir uns vieles aufteilen“. Einen Unterschied zwischen dem, was er als Vater tue und was die Mutter des gemeinsamen Kindes leiste, gebe es kaum noch.
Zeiten ändern sich. Väter auch. Was ist dran an dem „Mythos Neue Väter“, dem das Nachrichtenportal Spiegel Online sogar eine gleichnamige, eigene Rubrik widmet? Der Datenreport 2016 des Statistischen Bundesamtes verrät, dass sich zuletzt gar nicht so viel geändert hat – zumindest, was die blanken Zahlen angeht. Erstens sank die Zahl der alleinerziehenden Väter innerhalb von zehn Jahren von 12 auf 10 Prozent. Alleinerziehend zu sein bleibt also vorerst Müttersache. Ein Umbruch des traditionellen Modells, dass die Mutter sich nach einer Trennung um das Kind kümmert, ist erst einmal nicht zu erkennen.
Zweitens: „Nach wie vor sind es vor allem Frauen, die durch eine verminderte Beteiligung am Erwerbsleben versuchen, beiden Seiten [von Familie und Beruf; Anm. d. Red.] gerecht zu werden“, erklären die Bundesstatistiker. Für 2014 haben sie 6,7 Millionen Mütter und 5,6 Millionen Väter im erwerbsfähigen Alter gezählt, die mindestens ein Kind unter 15 Jahren im Haushalt versorgen. 58 Prozent der Mütter, aber 84 Prozent der Väter gingen einer Arbeit nach. Im Gegensatz zur Mutter – die mit Heranwachsen des Kindes vermehrt zurück in Arbeit geht – ist das Aufwachsen des Nachwuchses bei Vätern kein Faktor. Sie arbeiten im Schnitt gleich viel, egal wie alt ihr Kind ist.
Einen großen Unterschied in den Aktivitäten gibt es nur noch bei der Körperpflege und der Beaufsichtigung. Hier verbringen Mütter im Schnitt pro Tag eine halbe Stunde mehr Zeit mit ihren Sprösslingen. Alle anderen Aufgaben – Vorlesen, Gespräche, Spielen und Sport, Hausaufgabenbetreuung und Begleitung – werden fast gleichmäßig von beiden Elternteilen durchgeführt. Ein Knackpunkt bei den Vätern bleibt – drittens –die Elternzeit. Die Quote bei Vätern mit Kindern unter sechs Jahren hat sich seit 2008 um das Zweieinhalbfache erhöht. Wer jetzt eine riesenhafte Beteiligung erwartet, ist trotzdem auf dem Holzweg. 2015 betrug die Quote der erwerbstätigen Väter in Elternzeit 1,5 Prozent. Es kommt halt eben immer noch auf die Unterstützung an. Wenn der direkte Vorgesetzte etwas dagegen hat, weil der Mann im Unternehmen unverzichtbar scheint, kommen Väter in die Klemme.
Engagement wird dennoch belohnt. Seit 2006 verleiht ein Gütersloher Bäckereiunternehmen den Titel „Spitzenvater des Jahres“. „Zur Stärkung der Leistungsgesellschaft werden qualifizierte Frauen und Männer sowie Kinder benötigt. Voraussetzung der Vereinbarkeit von Elternschaft und Erwerbstätigkeit ist das praktizierte partnerschaftliche Ehe- und Familienmodell. Der ‚Spitzenvater des Jahres‘ würdigt dessen Familienkultur“, heißt es vonseiten des Unternehmens. Verheiratet muss man dazu trotz Traditionshinweis nicht sein. Der Spitzenvater des Jahres 2016 jedenfalls verbringt nach eigenen Angaben im Schnitt täglich 7,5 Stunden mit den Kindern. Das ist dem Unternehmen ein Preisgeld von 5000 Euro wert. In einem Interview schloss der Vater des Jahres 2016 mit den Worten: „Für mich ist unsere Arbeitsaufteilung […] selbstverständlich. Ich würde mich freuen, wenn der Preis in ein paar Jahren gar nicht mehr vergeben werden müsste“ – Engagement also normal wäre.
Über mehr als 5000 Euro könnte es übrigens hinausgehen, wenn festgestellt wird: Das mit dem Kind, das war ja gar nicht ich. Neu gemischt wird die Rechtsprechung beim Scheinvater. Aktuell ist es noch so, dass der Scheinvater vom leiblichen Vater einfordern kann, sämtliche Unterhaltszahlungen, die der Scheinvater geleistet hat, rückwirkend zu erstatten. Das könnte sich ändern: Das Justizministerium um Minister Heiko Maas (SPD) hat Ende August eine neue Regelung entworfen, nach der der Scheinvater nur noch Anspruch auf die Zahlungen der letzten zwei Jahre ab bekanntwerden der ganzen Affäre hätte. Neu wäre dann auch, dass die Mutter gesetzlich verpflichtet wäre, Ross und Reiter zu nennen, damit der Scheinvater den Erzeuger des Kindes rechtlich belangen kann. Das hat es vorher so nicht gegeben, der Gesetzesentwurf sorgt also für Klarheit für den vermeintlichen Vater. Der sich dann vermutlich auch weniger Gedanken über seinen Zeiteinsatz machen wird.
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