Wer sich jetzt nicht um Karten bemüht, bekommt keine mehr, da bleibt allein der Wunsch danach für lange Zeit, um hier mal fast Rainer Maria Rilke salopp zu zitieren. Denn das Interesse an den Veranstaltungen des Wuppertaler Jubiläumsspektakels „Pina 40“ ist bemerkenswert. In vier Blöcken steht die letzte Tranche im Mai an, in der Hauptsache ältere Inszenierungen wie „Café Müller“ (1978), dessen Choreografie bis heute als wegweisend gilt. „Das Frühlingsopfer“, eine Arbeit Pina Bauschs, die erstmals 1975 gezeigt wurde, ist in der 2014er-Version um eine musikalische Nuance bereichert: Strawinskys Ballettmusik (Le sacre du printemps), einst ein Skandal in Paris, kommt live vom Sinfonieorchester Wuppertal unter der Leitung Toshiyuki Kamiokas. Es folgen noch die Produktionen „Ahnen“ (von 1987) und schließlich „Viktor“ (1986), die bizarre italienische Collage mit Filmzitaten und surrealer Suche nach diesem Viktor. Zitat: „Ich bin ganz ruhig. Kann ich hier bleiben? Ich mach’ auch die Türe zu, wenn es zieht.“ Vertrautes fremd machen, Verkrustetes aufbrechen, auf Bekanntes mit fremdem Blick schauen, das schienen die Formgesetze von Pina Bauschs Stücken zu sein und vielleicht geht es auch gar nicht darum, das Getanzte in etwas Profanes wie Sprache zu übersetzen, vieles bleibt assoziativer Phantasie überlassen – auch wer denn nun dieser Viktor war.
In die neue Saison startet auch Movie in Motion, das sogenannte bergische Wanderkino. 45 Mal fand es bereits an kinounüblichen Orten statt, um an eben diesen Plätzen besondere Filme zu präsentieren. Kino kann eben überall sein. „Panzerkreuzer Potemkin“ lief am Platz der Republik, „Deep Blue“ in der Schwimmoper, „Zug des Lebens“ im Tunnel an der Nordbahntrasse. Nun wollen Filmtitel und Ort aufs Neue korrespondieren. Im Hauptschiff der Diakoniekirche in der Elberfelder Nordstadt wird erst einmal das senegalesische Flüchtlingsdrama „Die Piroge“ gezeigt. Ende des Monats geht es in Tony Craggs wunderbarem Skulpturenpark weiter. Im Café ist „Soldier of the Road“ zu sehen, eine Dokumentation über den Wuppertaler Free-Jazzer Peter Brötzmann, einst auch Protagonist der Fluxusbewegung.
Viel Bewegung gibt‘s auch in der Oper. Shakespeares ewig junge Komödie „Viel Lärm um nichts“ hat in der Regie von Christian von Treskow, Noch-Intendant des Schauspielhauses Ende des Monats Premiere. „Über Schmerzen lachen kann jeder, der sie nicht hat“, lautet einer der berühmten Sätze, und von Treskow beherrscht die Inszenierung des kultivierten Scherzes ebenso wie rasanter Auf- und Abtritte. Ein Stück wie ein Schlachtplan für Vergnüglichkeiten. Kunstvoll konstruierte Tricks und Täuschungen werden von bemerkenswerten Wortgefechten begleitet und auch die Frage nach dem tatsächlichen Sein hinter dem schönen Schein beleuchtet. Und da Erich Wolfgang Korngold, der mit Filmmusik zu Weltruhm (und zwei Oscars) gelangte, eine durchkomponierte Bühnenmusik zum Stück komponierte, gibt es eine sinfonische Begleitung noch dazu.
„Die Piroge“ | Fr 4.4. 19 Uhr | Diakoniekirche | 0202 50 12 20
„Viel Lärm um nichts“ | Sa 26.4.19.30 Uhr | Opernhaus | 0202 563 7666
„Soldier of the Road“ | So 27.4. 20 Uhr | Skulpturenpark | 0202 47 89 81 20
Pina 40:
„Café Müller“ 1.5.-4.5. | „Das Frühlingsopfer“ & „Ahnen“ | 10.5.-13.5.
„Viktor“ 22.5.-25.5. | alle im Opernhaus | 0202 563 7 666
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