Die Uraufführung der „Glücklichen Reise“ war im November 1932 in Berlin. Elf Jahre nach seinem gigantischen Erfolg mit dem „Vetter aus Dingsda“ landete Komponist Eduard Künecke mit dieser Operette einen weiteren Riesenhit. „Oft gespielt und doch immer wieder verlangt“, hieß es in einer Zeitungsnotiz der 50er Jahre. Der intellektuelle Musikfreund mag die Operette wegen ihrer Seichtheit ablehnen. Aber die „Glückliche Reise“ braucht nicht als „Steifschwester der Oper“ beschimpft zu werden. „Natürlich ist das pure Unterhaltung“, beschreibt Johannes Weigand das Stück. „Aber richtig gute.“
Zwischen Urwald und Reisebüro
Seine Inszenierung führt in die Zwischenkriegszeit, jene 20er Jahre, die Weigand als interessante Phase beschreibt. „Es spielt in einer Zeit, in der die Leute wussten, wie schlecht es ihnen ging.“ Der Adel, so führt er aus, wurde durch Geld ersetzt, es herrschte eine galoppierende Inflation sowie immense Arbeitslosigkeit. Und wie immer wenn es den Menschen dreckig ging, stürzten sie sich ins Amüsement.
Im Stück wandern die Ex-Offiziere Robert und Stefan nach Südamerika aus. „Bei ihnen kommt weniger der Sehnsuchtsgedanke zum Tragen. Sie haben keine Arbeit“, weshalb sie sich versuchen, anderswo durchzuschlagen. Wirklich erfolgreich sind sie im fernen Brasilien nicht, vor allem plagen sie grausige Langeweile sowie schlimmes Heimweh. Deshalb beginnen sie Brieffreundschaften – jene altmodische Vorläufer von Skype oder E-Mails. Weil die Männer ihre Post an ein Berliner Reisebüro adressieren, vermuten sie hinter den fleißigen Schreiberinnen Monika und Lona vermögende Frauen mit extremer Reiselust. Aber natürlich stimmt das so nicht, boulevard-typisch geht es (auch) um falsche Identitäten und kleinen Schummeleien, denn Monika und Lona sind keine mondänen Damen von Welt, sondern „nur“ Mitarbeiterinnen dieses Reisebüros.
Tango, Blues und viel Tanz
„Eine halbe Stunde vor Schluss sind alle beleidigt – und dann bahnt sich die Liebe an“, bringt Weigand ironisch Verwechslungen und Komplikationen bis zum Happy End auf den Punkt. Denn die Entrüstung über den Betrug, der natürlich zunächst hohe Wellen schlägt, ist gewürzt mit vielen situationsbezogenen Gags. „Das ist immer ganz nah an den Menschen und zeigt deren Alltag.“ Und vor allem geht es bei den Schauplätzen zwischen Urwald, dem Casino am See, Reisebüro und der Privatwohnung der beiden Frauen um ganz, ganz viel Musik. Als leichten Mix beschreibt Johannes diese unverwüstlichen Schlager, „da sind richtig tolle Ohrwürmer dabei.“ Allen voran selbstverständlich das titelgebende Stück „Glückliche Reise“ ebenso wie „Warum, weshalb, wieso bin ich nach Dir verrückt“.
Die Hälfte der Lieder hat das Potential für einen Tanzhit, so dass nicht nur vier Sänger sowie zwei Schauspieler mit von der Partie sind, sondern außer den Damen des Chores auch Tanzstatisten, die bereits bei „Ali Baba“ mitwirkten. Tango, Rumba, Blues, Swing und Jazz – viele Musikstile werden vom Orchester intoniert. Die Tanzszenen kommentieren das Geschehen und vermitteln eine Idee des Lebensgefühls jener Zeit – als Frauen begannen, jenseits der bloßen Schufterei wirklich berufstätig zu werden und die Idee, Urlaub zu machen, tatsächlich ein Thema wird.
Der Vertrag des überaus erfolgreichen Opernchefs Johannes Weigand läuft aus. Bekanntermaßen verlängert die Stadt diesen nicht ein weiteres Mal, ab Sommer 2014 wird Toshiyuki Kamioka Intendant und Generalmusikdirektor in Personalunion. Ungeachtet dessen („mein Beruf ist nicht geeignet, irgendwo sesshaft zu werden. Ich hatte hier wunderbare 13 Jahre“) arbeitet Johannes Weigand konzentriert weiter – und beschenkt Musikfreunde, die eine leichte und ironische augenzwinkernde Operette mögen, mit der „Glücklichen Reise“.
„Glückliche Reise“ | Teo Otto Theater, Remscheid | P: 31.10. 19.30 Uhr | www.teo-otto-theater.de
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