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König Lear, Foto: S. Rothweiler/Baumeister Solness, Foto: S. Hoppe/Figurine Leonce und Lena, Foto: Pia Maria Mackert

Clash der Generationen

20. Dezember 2012

Marcus Lobbes inszeniert Büchners Klassiker „Leonce und Lena“ – Bühne 01/13

„Bin ich ein Müßiggänger? Habe ich jetzt keine Beschäftigung? – Ja, es ist traurig …“ Mit dieser Aussage beginnt Georg Büchners Lustspiel über den romantischen Hedonisten mit Namen Leonce. Er ist Prinz von Popo und empfindet eine tiefe Lebensmüdigkeit. Bevor er macht, was sein durchgedrehter Vater möchte, nämlich die ihm vollkommen fremdePrinzessin Lena von Pipi heiraten, brennt er mit seinem Buddy Valerio Richtung Italien durch. Weil auch Lena mit ihrer Gouvernante Richtung Süden flieht, treffen sich die beiden, verlieben sich – na klar – unsterblich und alles nimmt ein glückliches Ende. Jedenfalls vordergründig. Marcus Lobbes führt Regie bei Büchners Theaterstück von 1836. An seiner Seite, wie in Wuppertal bereits bei den Inszenierungen von „König Lear“ und „Baumeister Solness“, Bühnenbildnerin und Ausstatterin Pia Maria Mackert. „Wir haben ‚Leonce und Lena‘ nie isoliert betrachtet, sondern im Kontext mit ‚König Lear‘ und ‚Baumeister Solness‘. Denn die von Intendant Christian von Treskow an uns gestellte Aufgabe war, uns über drei Spielzeiten mit dem übergeordneten Thema ‚Generationskonflikt‘ zu beschäftigen.“

„Was die Leute nicht alles aus Langeweile treiben!“
Also haben sie ganz genau gelesen, den zarten Ton des Halbstarken herausgehört und den subversiven Witz und anarchistischen Humor Büchners neuentdeckt. Diese grandiose Mischung aus Sprachwitz, Philosophie und Poesie ist Grundlage für das Regie- und Ausstattungskonzept. „Zu Beginn gibt es ein ebenes Bühnenbild, das sich im Verlauf der Handlung langsam aufrichtet. Es ist quasi eine weiße Fläche mit Sollbruchstelle.“ Ist der 90-Grad-Winkel erreicht, läuten für die Königskinder die Hochzeitsglocken. Und damit ist die Optik des Bühnenbildes erreicht, mit dem „König Lear“ beginnt, jener Shakespeare-Stoff, der sich mit dem hohen Alter beschäftigt. „Ich bin wahnsinnig gespannt“, sagt Mackert, die ihr Bühnenbildstudium an der Kunstakademie als Meisterschülerin bei Karl Kneidl absolviert hat, „wie die Umsetzung wohl ankommen wird. Es ist ein faszinierendes Stück mit starkem Zeitkolorit.“ Es wäre ein Fehler, es zu verharmlosen. Vor allem aber ist es keine Klamotte, kein Schenkelklopfer, trotz der vielen witzigen Passagen. Wie geht man mit dem Thema „Langeweile“ um, ohne zu langweilen?

Verteidigung gegen die Zumutungen der Welt
„Er war so alt unter seinen blonden Locken, den Frühling auf den Wangen und den Winter im Herzen“, heißt es bei Büchner über Leonce. Mackert beschäftigte bei ihrer Auseinandersetzung mit Geschichte und Historie die Frage, was unsere gegenwärtige „alte Generation“ so kindlich macht. Warum wird sie werbewirksam als „Golden Ager“ stilisiert und darf partout nicht würdig altern, sondern soll für immer jung in einer jungen Welt bleiben? Erwachsene und Teenager haben gemeinsam, dass sie beide in ihrem Kosmos leben. Wer erlebt hat, wie die Tristesse eines dezembertrüben Samstags durchWesen mit bunten Haaren – eingehüllt in wallende Umhänge, Elfenkostüme, oder mit buschigen Engelsflügeln ausgestattet – Farbe bekommt, erhält einen Eindruck von einer Anime-Convention. Hier treffen sich Kaito Jeanne, Sasuke, Itachi und ihre Freunde. Für Unwissende klingt das nach Spezialitäten einer Sushi-Karte, für Manga-Fans sind diese Fantasy-Spiele Lebenselixier. Natürlich muss man diese Cosplay-Identitäten weder verstehen noch gutheißen. Aber es gibt sie, so weit verbreitet und so wichtig, dass sie jetzt der Bühnenbildnerin als Grundlage für ihre Kostümideen dienten. Das klingt großartig, und wenn die Schauspieler bloß halb so verrückt aussehen, wie die ersten Eindrücke auf den Figurinen es vermuten lassen, wird die Wuppertaler Version von „Leonce und Lena“ ein wahrer Knaller.

„Leonce und Lena“ | 25.(P)/27.1. 19.30 Uhr | Opernhaus Wuppertal

Valeska von Dolega

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