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Maja Delinić
Foto: Schauspiel Wuppertal

„Der Spaß daran ist, dass es drunter und drüber geht“

07. Februar 2022

Maja Delinić über „Ein Sommernachtstraum“ in Wuppertal – Premiere 02/22

engels: Warum inszeniert man 2022 an der Wuppertaler Oper so ein Drogenstück vom alten Kiffer Shakespeare?

Maja Delinić: Das ist genau die richtige Frage. Bei uns wird daraus auch eine richtige Clubszene, alles richtig abgedrived. Ich glaube, Shakespeares Sommernachtstraum soll erstmal richtig viel Spaß machen. Wenn man den Quellen Glauben schenken kann, hat er das damals auch für eine Hochzeit geschrieben. Für mich zeigt das Stück – was sehr spannend ist – zusätzlich die Verwandlungsmöglichkeiten der Schauspieler. Und damit natürlich letztlich auch die der Menschen, sei es durch die Droge Liebe oder mit echten Drogen oder auch nicht. Deshalb interessiert es mich, ihn heute zu inszenieren.

Wie wichtig sind beim Sommernachtstraum Bühne und Kostüme?

Tendenziell gar nicht wichtig, denn ich finde bei Shakespeare sollte man der Sprache den Raum lassen und auf der Bühne keine Deko-Kulisse machen. Deshalb haben wir uns für ein antiillusionistisches Bühnenbild entschieden. Das ist sehr abstrakt und lässt für den Zuschauer viel Raum für Fantasie übrig. Auch die Kostüme sind, sag ich mal, mimetischer – sie können ausgezogen werden, überall liegen gelassen und auch wieder angezogen werden. Das heißt, die sind nur wichtig, um die Spielfreude anzufeuern, nicht aber um eine andere Realität getreu abzubilden.

Drei Hochzeiten und kein Todesfall – wie choreografiert man denn die vielen Handlungsstränge der drei Tage im Wald auf so einer reduzierten Bühne?

Im Moment choreografieren wir sie gar nicht und das ist der Spaß daran, dass es drunter und drüber geht. Eine Szene folgt der nächsten und was ich spannend finde, ist, dass dadurch, dass wir keine Kulisse haben, anhand der schauspielerischen Energie und der schauspielerischen Verwandlungsfähigkeit sofort ein neuer Raum aufgemacht wird.

Hat das auch etwas mit virtueller Realität zu tun?

Ich finde, das hat mehr mit Fantasie zu tun. Ich habe mich sehr viel mit Shakespeare befasst und mir wurde klar, es gab da im übervollen Theater seiner Zeit Zuschauer, die haben mehr gehört als gesehen, die hatten schlechte Augen oder auch nicht den besten Platz. Das heißt, die Sprache, eine Sprache, die die Fantasie anregt, war damals unglaublich wichtig. Ich hoffe, dass wir mit unserer Inszenierung diese Fantasie auch anregen können. Dadurch, dass wir auf der Bühne nicht alles eins zu eins abbilden.

Ist der Sommernachtstraum ein Stück, das in 100 Jahren noch gespielt werden kann?

Ich glaube schon. Weil das Stück so viel Herausforderung mit sich bringt und damit zeitlos ist.

Wird das als eins der wenigen Stücke von Shakespeare im Oeuvre bleiben, wenn man viele frauenfeindliche Tendenzen in den anderen sieht?

Das glaube ich nicht. Es werden mehrere übrig bleiben. Ich glaube schon, dass dadurch, dass jetzt die Rezeption anders wird, dass aufgebrochen wird mit den Geschlechtern, die Geschlechter auch getauscht werden. Ich finde, dass es auch mal einen Punkt gibt – ohne zu bewerten, ob das gut oder schlecht ist –, an dem das Geschlecht keine Rolle spielt. Ich habe neulich ein Stück gesehen und da ging es um die Liebe zwischen Mann und Frau, wo ich dachte, dass es schade ist, dass es nicht mehr ganz die Realität abbildet, dass so viel heterosexuelle Normalität dargestellt wird. Denn die Welt ist jetzt anders und das muss man jetzt auch wahrnehmen, man kann auch klassische Stoffe spielen und die Geschlechter tauschen und schauen, was das macht und welche Problematiken das dann aufmacht.

Im Sommernachtstraum sind ja alle irgendwie fremdbestimmt. Das ist eine Situation, die man heute auch gesellschaftspolitisch sehen kann. Ist das ein Makel an einem Stück: Immer regieren uns die Götter?

Ich glaube, es geht immer stark um den Kampf, nicht fremdbestimmt zu sein und das ist die Frage nach dem freien Willen, der ja unbeantwortet bleibt in dem Stück, weil wir frei sind. Gerade was die Liebe angeht. Und das macht das Stück ja so komisch. Dass die Leute Dinge tun, die alle erwarten, weil jeder sie kennt. Die Frage ist, von wem bin ich denn fremdbestimmt: von außen oder von innen? Ich glaube nicht, dass das ein Makel ist, denn ich glaube, dass da was Menschliches dran ist.

Ein Sommernachtstraum | R: Maja Delinić | 12.2. 19.30 Uhr (P) | Oper Wuppertal | 0202 563 76 66

Interview: Peter Ortmann

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