Ihr Markenzeichen sind Taschen. „Ich bin eine Frau, allein deshalb liebe ich Taschen“, sagt Silvia Werner. Aber das Accessoire ist bei der gebürtigen Remscheiderin, die im Kleinmädchenalter nach Ronsdorf umzog und seitdem Wuppertal inniglich verbunden ist, mehr als nur ein Lieblingsstück. Aus dem modischen Utensil hat sie Stücke gemacht, die Spaß machen und eine Geschichte erzählen. Vielmehr eine Vorgeschichte haben. Sie kündigten große Theaterinszenierungen an, transportierten lebensrettendes Wasser oder sorgten für rund laufende Autos. Eigentlich zweckentfremdet dürfen alte Plakate, ausrangierte Feuerwehrschläuche oder ausgemusterte Autoreifen nun Notebooks schützen, Sportsachen tragen und Einkäufe transportieren.
Recycling mit Design
„Ich komme aus der Modebranche, und für Industriematerialien hatte ich schon immer ein Faible“, bekennt die studierte Modedesignerin. Am 1. Juni 2007 gründete sie quasi in ihrem Wohnzimmer die Oelberger Taschenmanufaktur, ihr Startkapital waren neben den sorgfältig gesammelten Materialien eine Nähmaschine und viele Ideen. Schnell etablierte sich eine feste Kollektion, die von der MiniBar bis zum Big Boss reicht. Bis heute gehört zum Ensemble der Hingucker der „Rockstar waschbar“, hinter dem sich ein zweckmäßig strukturierter Kulturbeutel verbirgt, jüngster Zuwachs ist die „Klemm-Else“, eine Clutch. „Die habe ich zur Filmpremiere von Wim Wenders’ ‚Pina’ entworfen.“ Anschließend wurde daraus die „Schleuder-Else“, Handtaschen in allen Farben des Regenbodens mit einem Tragegurt, der vormals als Sicherheitsgurt im Auto hing.
„Manchmal dauert es, bis ich mit einem Modell zufrieden bin. Und dann liege ich entspannt in der Badewanne und hab’ plötzlich die zündende Idee.“ Für ein nach besonderen Ansprüchen eines Schuljungen entworfenen Modells wurde zum Beispiel lange an einem abnehmbaren Klemmhalter zum Transport der Trinkflasche gefeilt. Die Produkte aus der Oelberger Taschenmanufaktur heben sich von der grauen Einheitsmasse ab, folgen keinen beliebigen Trends, sondern haben ihren eigenen Stil.
Ihre Taschen bieten vor allem eins: Platz. Doch die Modelle der Wuppertalerin zeigen nicht nur wahre Größe – sie sind Lieblingsstücke ihres jeweiligen Trägers. „Ganz viele Taschen sind Wunschanfertigungen“, erklärt die Mutter eines Teenagers. Anhand von Prototypen kann der Kunde seine ganz individuelle umhängbare Edelhülle aussuchen Dazu lagern im Atelier die besonderen Stoffe, die die 48Jährige nach simplen Kriterien auswählt: Als Banner für den NRW-Tag oder Fußball-Cup haben sie ausgedient oder werden als Cabriolet-Verdeck nicht mehr gebraucht. Andere haben sie weggeworfen, Silvia Werner gibt ihnen eine zweite Chance. So auch Böden, auf denen das Ensemble des Tanztheaters Wuppertal seine berühmten Stücke vollführt hat und die durch manche Inszenierung mit allen Wassern gewaschen sind. Grundsätzlich bleiben Gebrauchsspuren wie diese sichtbar, die Macken, Streifen und Abdrücke sind bei diesen Materialien sozusagen der geschichtsträchtige Teil und eines der Markenzeichen.
Ein Stück Wuppertal für die ganze Welt
Inzwischen kooperiert die One-Woman-Show mit namhaften Unternehmen. Zusammen mit der Firma Güde wurden beispielsweise Messertaschen entwickelt, und die Materialien sammelt Silvia Werner nicht mehr nur vor Ort ein. „Über einen Kunden in Freiburg lernte ich Leute am Badischen Staatstheater kennen.“ Seitdem werden auch deren Banner für theatrale Vorankündigungen zu Beuteln. Im vergangenen Oktober zog die Manufaktur um. „Jetzt bin ich am höchsten Punkt der Marienstraße und habe ein offenes Atelier, in dem mir jeder bei der Arbeit zugucken kann.“ Umweltgewissen und Design ergeben nach wie vor eine fantastische Kombination. Und tragen als hundertprozentige Handarbeit und besonderes Unikat immer ein Stück Wuppertal in die ganze Welt.
Vom 17. bis 20. Mai sind die Produkte der Oelberger Taschenmanufaktur beim Textilmarkt „Tuchfühlung“ auf Lüntenbeck und am 28. Mai beim Ölbergfest zu sehen.
Info: www.oelberger-taschenmanufaktur.de
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