Seit Herbst 2009 prägt und emotionalisiert Oliver Grabes die Braun-Produkte. Dort leitet er seitdem die Abteilungen für Corporate-, Industrie- und Verpackungsdesign. Die Ergebnisse sind einerseits alltagsverbessernde Gegenstände, die außerdem noch formschön, oft richtige Handschmeichler sind. In einer Welt hässlicher, aber intelligenter Autoschlüssel und bloß hübsch anzusehender, aber unzweckmäßiger Saftpressen wirken sie manchmal, als seien sie ohne wirtschaftliches Kalkül entstanden, einzig und allein, um Spaß zu machen.
„Moderne technische Geräte sollen bedienbar sein und uns Menschen Freude bereiten“, beurteilte Oliver Grabes das Verhältnis von Mensch und Technik. „Die Technik muss sich den Menschen anpassen, nicht umgekehrt.“ Oliver Grabes konzentriert sich auf ein Design, das die Interaktion der Menschen mit einer ständig komplexer werdenden Welt zu vereinfachen sucht. Als Brücke zwischen Mensch und Maschine kann gutes Design Produkte schaffen, die intuitiv und bedeutsam sind und vor allen Dingen Spaß machen, findet er.
Gipfeltreffen stilbildender Designer
Nun ist die Traditionsmarke Braun nicht irgendeine, sondern hat eine besondere Vergangenheit. Große Designer wie Wilhelm Wagenfeld, Herbert Hirche und Dieter Rams prägten die Handschrift und begründeten das Renommee des Hauses. Folgerichtig gab es Zeiten, in denen jeder Mann seinen Bartstoppeln mit Braun-Rasierern den Garaus machte, der Filterkaffee durch eine Braun „KF20“ tröpfelte und der Kuchen für den Sonntagsbesuch in einer „KM 32“ geknetet wurde.
Offensichtlich konnte Braun, stilistisch maßgebend, qualitativ wertvoll, aber auch hochpreisig, sich gegen die Billigkonkurrenz aus Asien dann lange nicht behaupten. Aber nach dem Credo „Weniger, aber besser“, das Dieter Rams zugeschrieben wird, haben Grabes und sein Team bei jeder Produktentwicklung als Basis heute wieder eine Verbesserung im Sinn. „Aber es müssen auch Varianten erlaubt sein.“ Es sollte beispielsweise möglich sein, die Technik, die bereits entwickelt wurde, in günstigere Modelle einzubauen, damit jemand, der sich nicht die neueste, beste und damit oft teuerste Lösung leisten kann, trotzdem Braun-Produkte kaufen kann. Zunehmend in den Design-Fokus rückt außerdem der demografische Wandel. Die Menschen werden älter, und auch diese werbewirksamen, Golden Ager genannten Leute wollen moderne Technik für sich nutzen und sollten nicht an zu kleinen Bedienungsknöpfen oder unsichtbaren Tasten scheitern.
Die Schönheit der Dinge
Oliver Grabes, Jahrgang 1967, verheiratet und Vater von zwei Kindern, bringt in seinen Job langjährige Erfahrung im internationalen Industrie-Design und als Design-Berater mit. Die Liste der Marken, für die er gearbeitet hat, liest sich wie ein Wer-ist-Wer. Mit 28 internationalen Design-Preisen wurde er ausgezeichnet, unter anderem viermal mit dem „IDEA Gold Award" der International Design Society of America. Mehr Design geht nicht. Prädestiniert scheint er also als Lehrer zu sein. Trotz seiner Aufgaben als Chefdesigner bei Braun führt er die Lehre an der Uni Wuppertal fort. „Das ist mir wichtig, weil es ein zweiter Bereich ist, durch den man sich gegenüber den Prozessen und dem Denken generell eine Offenheit bewahrt und einen externen Bezug hat, der auch als Chef bei Braun sehr positiv ist“, formulierte er es einmal. Ist es bei Braun eine fokussierte, spezialisierte Ausrichtung in Richtung Tiefe und Durchdringung, findet im Studium „Industrial Design“ eine breite Ausrichtung mit einer Vielzahl von Themen statt. Was gutes Design kennzeichnet?
Das sei eine individuelle Interpretation. „Wir haben alle verschiedene Prägungen und leben in unterschiedlichen Kulturkreisen.“ Produkte würden außerdem global verkauft, es gibt schon lange nicht mehr bloß die eine Lösung, „es gibt von allem sehr viel“. So kann man sich Marken und Produkte aussuchen, die nach Eigenwahrnehmung zu einem passen und den persönlichen Geschmack repräsentieren. Als Industriedesigner geht es weniger um die Erzeugung von Bildern, sondern um die konkrete Gestaltung von Produkten – zum Erzeugen eines konkreten, haptischen Erlebnisses.
Wie gut seine Schüler dies können, ist im sogenannten Showcase zu sehen. Der Showcase findet zweimal jährlich statt. Es werden immer die aktuellen Diplomarbeiten (I und II) sowie verschiedene Semesterarbeiten präsentiert. Die Ausstellung findet im neuen Hörsaalgebäude K der Bergischen Universität statt.
Diplomverleihung und Ausstellungseröffnung sind am 30. März ab 19 Uhr an der Bergischen Universität Wuppertal, Campus Grifflenberg, Gebäude K/neues Hörsaalgebäude, Gaußstraße 20.
Die Ausstellung ist auch Samstag und Sonntag von 12 bis 17 Uhr zu besichtigen.
Mehr Eindrücke im Netz: www.uwid.uni-wuppertal.de/examensarbeiten
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