Etwas wehmütig klingt die Stimme von Günter Lesche, wenn der bekannte Sänger aus Wuppertal von seinen Reisen nach Russland erzählt. Ab 1995 schickte ihn die Kulturabteilung der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) regelmäßig in die russische Föderation, um dort Interessierten das „deutsche Lied in seiner 800jährigen Tradition“ nahezubringen. Damals hieß der Bundeskanzler noch Helmut Kohl und Hunderttausende von Aussiedlern kamen nach Deutschland. „Man wollte den Deutschstämmigen, die in Russland bleiben wollten, in Seminaren unsere Kultur vermitteln“, erklärt Lesche die Motive der damaligen Bundesregierung.
Seine Reisen führten ihn quer durch die russische Föderation. Ins kasachische Karaganda wurde er eingeladen und in die sibirischen Städte Tomsk und Nowosibirsk. Überall dort leben Deutschstämmige, die nach 1941 aus ihren eigentlichen Siedlungsgebieten, an der Wolga, vertrieben wurden. Um deren kulturelle Identität zu wahren, wurden ab 1990 mit der Gründung der russischen Föderation deutsche Kulturzentren aufgebaut. In diesen Zentren wurden Seminare mit etwa 25 Teilnehmern organisiert, die als Multiplikatoren das erlernte Liedgut in ihren Großregionen weiter vermitteln sollten. Ein wichtiges Ziel der Reisen war Engels an der Wolga, die ehemalige Hauptstadt der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik der Wolgadeutschen. Bis zu 700 Kilometer reisten die Seminaristen dort an, um alte und ganz alte deutsche Lieder kennenzulernen und zu erlernen.
„Es war immer eine herzliche Atmosphäre“, erinnert sich Lesche. „Die Teilnehmer arbeiteten diszipliniert und waren hochmusikalisch.“ Besonders schwierig war es, die richtige Aussprache zu vermitteln. Leider, so Lesche, wurde diese Kulturaktivität durch die rot-grüne Regierung eingestellt.
Eine Wiederaufnahme der Kontakte ergab sich aus einem verabredeten Kulturdialog zwischen den Präsidenten Putin und Rau im Jahre 2001. Mit einer Grußbotschaft des Bundespräsidenden Rau im Gepäck machte sich Lesche im Jahre 2002 zu einer privaten vierzehntätigen Reise nach Engels an der Wolga auf. Der Kontakt riss also nicht ab.
Inzwischen hat sich ein Verein konstituiert. Stolz zeigt der Sänger die Bestätigung des Finanzamtes. Dem Verein „Kulturbrücke Wuppertal – Engels an der Wolga“, deren Vorsitzender er ist, wurde die Gemeinnützigkeit anerkannt.
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