Die Kunst von Hede Bühl kann aufbrausend sein. Und sie kann den Atem anhalten, ganz leise pulsieren. Hede Bühl beherrscht beides: die Introvertiertheit und das gestisch Expressive. Trotzdem hält sie seit Beginn ihres Schaffens ihr Sujet und dessen Darstellung limitiert: Sie zeigt nichts als den Menschen, als Haupt oder als Torso und Fragment, die Arme eng angelegt, ja, unsichtbar. Das gilt nicht nur für die Skulpturen besonders in Stein und Bronze, mit der sie weithin bekannt ist, sondern auch für ihre Arbeiten auf Papier, die nun den Schwerpunkt ihrer Ausstellung im Kunstmuseum Villa Zanders bilden.
Die Ausstellung, die eigentlich im vergangenen Jahr eröffnet werden sollte und jetzt erst besucht werden kann, umfasst Werke von den 1960er Jahren bis heute. Nachdem Hede Bühl zunächst die Figur in erzählerischen und surrealen Schilderungen wiedergibt, konzentriert sich ihre Darstellung schon bald ganz auf die menschliche Gestalt. Als Skulptur steht die Figur aufrecht. Sie ist in der ganzen Höhe von meist horizontalen Bändern umfasst und dadurch verhüllt, mitunter auch verpanzert, wie von der Außenwelt getrennt oder doch vor ihr geschützt. Mitunter erinnert das an Mumien, aber Hede Bühl gelingt es, ganz eigene Stimmungen zu erzeugen – ja, was sie in ihren Skulpturen, aber auch Zeichnungen zeigt, sind Individuen mit einer sensibel vorgetragenen psychischen Befindlichkeit.
Existenzielle Befragung des Menschen
Eine der plastischen „Wächterfiguren“, eine Büste aus den 1970er Jahren auf einem Sockel, empfängt in der Ausstellung den Besucher. Bei ihr ist nur die Augenpartie verhüllt, die Figur wirkt blind, dabei aber sprechend. An Idole erinnern die späteren Figuren, wie, in Bergisch Gladbach, die Stele in glänzendem Aluminiumguss, die den Kopf leicht neigt und dadurch wie nach innen hört. Für das Verständnis der demgegenüber exaltierten Zeichnungen sind diese Skulpturen nicht unwichtig. In der Villa Zanders wird in pointierten Setzungen das ganze Spektrum auf Papier entfaltet. Häufig sind diese Blätter großformatig, mit der Tendenz zur Malerei sind sie in den unterschiedlichsten Techniken auf wechselnde Bildträger aufgetragen. Der Kopf, das Haupt verfügt über ganz verschiedene Mimik und besitzt selbst eine von Mal zu Mal wechselnde Präsenz; anstelle der plastischen Bänder finden sich nun, auf der Fläche, kraftvolle Strichfolgen. Mitunter stehen mehrere Häupter auf einem Blatt und geben sozusagen verschiedene Perspektiven wieder. Darin ist die Bildhauerin zu erkennen, die ihr Motiv sozusagen umrundet und von allen Seiten ausformuliert. Aber auch der energische Gestus und das schneidende Konturieren verweisen unmittelbar auf die bildhauerische Arbeit.
Hede Bühl wurde 1940 geboren; an der Kunstakademie in Düsseldorf hat sie bei Joseph Beuys studiert. Von Anfang an kennzeichnet ihr Werk die existenzielle Befragung des Menschen, dem sie fern von jeder modisch stilistischen Gruppenzugehörigkeit, bis heute auf der Spur ist. Dem Kunstmuseum Villa Zanders mit seiner Direktorin Petra Oelschlägel ist hier eine sehr wichtige Ausstellung gelungen, die uns viel über den Menschen als Einzelnem, seine Psyche und seine Leiblichkeit mitteilt und in dieser Zeit der Distanz und der Verunsicherungen hilfreich ist. – Für den Fall, dass die Villa Zanders Corona-bedingt wieder geschlossen werden muss: Auf der Website des Museums findet sich ein gelungener erster Einblick in die Ausstellung.
Hede Bühl – Imago, Arbeiten auf Papier | bis 8.8. | Kunstmuseum Villa Zanders in Bergisch Gladbach | nach Voranmeldung: Di, Fr 14-18, Mi, Sa 10-18, Do 14-20, So 11-18 Uhr | 02202 14 23 34 | www.villa-zanders.de
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