Ein einzigartiges Unterfangen: Die Kunsthalle Düsseldorf stellt die künstlerische Fotografie an Rhein und Ruhr seit den 1960er Jahren vor. Sie zeigt rund 600 Werke von knapp 100 Künstlern. So ziemlich alle erwarteten Namen sind darunter, aber auch vergessene oder noch sehr junge Künstler, dazu kommen Grenzbereiche wie der Werbe- und Porträtfotografie sowie konzeptuelle Werke. Außer Düsseldorf, Köln und Essen mit ihren fotografischen Ausbildungsstätten sind Positionen u.a. in Krefeld, Aachen und Mönchengladbach berücksichtigt. Und Fotografie ist ja nicht gleich Fotografie, seit den 1980er Jahren wurde sie zunehmend als avantgardistisch künstlerisches Medium wahrgenommen. Das Spektrum der Werke ist extrem weit, und was diese ambitionierte Ausstellung mit ihrer dichten Präsentation herausarbeitet, ist, wie eines neben dem anderen entstehen konnte und was alles gleichzeitig passiert.
Es beginnt im Erdgeschoss mit Hinterfragungen des Mediums: Die Fotografie kann aus fremden Quellen stammen. In ihrer Anordnung stellt die Ausstellung formale Beziehungen und innere Verwandtschaften etwa bei den Themen oder Sujets her, die innerhalb des jeweiligen Raumes durch Blickachsen verstärkt werden. Die Vorstellung fester fotografischer Schulen aber wird regelrecht zertrümmert. Dieses Unterlaufen von Erwartungen sensibilisiert für das „Eigentliche“ der Werke und die künstlerische Individualität. Dieser kuratorische Ansatz drückt sich auch darin aus, dass untypische Bilder etwa von Thomas Ruff oder Candida Höfer gezeigt werden. Bernd und Hilla Becher sind mit einer wenig bekannten Serie zerfallener Mienen vertreten, die auf den Begriff der „Anonymen Skulptur“ als Verfahren und Intention ihrer Fotografie weist. Wie zur Bestätigung reicht das Band ihrer Aufnahmen über das Geländer unter die Decke der hohen Wand im Kinosaal und verbindet so die beiden Räume. Und dann sind da noch die Feinheiten in der Anordnung, die, mitunter sehr anspruchsvoll, das Vergnügen am Sehen und Nachdenken steigern. Schon wegen ihrer tiefgründigen, lehrreichen Bezüge ist es wichtig, dass die Ausstellung auch zu sehen ist.
Subjekt und Objekt. Foto Rhein Ruhr | bis 16.8., zu Redaktionsschluss geschlossen | Kunsthalle Düsseldorf | 0211 899 62 43
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Außenwelt und Innensicht
Björn Siebert bei Rolf Hengesbach
„Keine klassischen Porträtfotografien“
Kuratorin Kerrin Postert über „UK Women“ in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Sammlung 06/24
Vom Kleinsten und Größten
„Size matters“ im Kunstpalast Düsseldorf – kunst & gut 03/24
Das eigene Land
„Revisions“ im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln – Kunst in NRW 03/24
Ein Star unter den Fotografierten
Max Ernst auf Fotografien in seinem Museum in Brühl – kunst & gut 03/23
Diskreter Charme von Rhein und Ruhr
Jenseits von 99 Luftballons: Hanns Friedrichs in Hagen
– kunst & gut 01/23
Todfeinde der Malerei
„Eine neue Kunst. Fotografie und Impressionismus“ in Wuppertal
– kunst & gut 11/22
Visionen zwischen Schein und Wirklichkeit
Zwei unterschiedliche Künstlerinnen im Osthaus-Museum
– kunst & gut 09/22
Das Porträt zur Abwesenheit
Matthias Schaller im NRW-Forum Düsseldorf – kunst & gut 03/22
Fett, Gold und tote Tiere
Ute Klophaus im Von der Heydt Museum – kunst & gut 11/21
Panoptikum der Gegenwart
Andreas Gursky in der Küppersmühle Duisburg – kunst & gut 10/21
Am Ort des Geschehens
Tobias Zielony im Museum Folkwang in Essen – Kunst in NRW 09/21
Richter daheim
Gerhard Richter im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 11/24
Menschen allein
Lars Eidingers Ausstellung „O Mensch“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 10/24
Noch gemalt
„Zwischen Pixel und Pigment“ in Herford und Bielefeld – Kunst in NRW 09/24
Farbe als Ereignis
Katharina Grosse im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 07/24
Farbe an Farbe
Otto Freundlich und Martin Noël in Bergisch Gladbach – Kunst in NRW 06/24
Am Anfang der Abstraktion
Hilma af Klint und Wassily Kandinsky in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/24
Glaube und Wissenschaft
Louisa Clement im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 04/24
Ritt durch die Jahrhunderte
Die Neupräsentation im Kunstpalast in Düsseldorf – Kunst in NRW 02/24
Ende eines Jahrhunderts
George Minne und Léon Spilliaert in Neuss – Kunst in NRW 01/24
Puls des Lebens
Chaïm Soutine im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 12/23
Ganz leicht
Christiane Löhr im Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 11/23
Die stille Anwesenheit der Dinge
Cornelius Völker im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 10/23