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Da war die Welt noch in Ordnung: Jess als Bunny im Teddywunderland
Foto: Presse

Lieber tot als pleite

20. Dezember 2010

„Liebe und Geld“ von Dennis Kelly an den Wuppertaler Bühnen - Theater an der Wupper 01/11

Ein verschachteltes Drama ist der Kapitalismus immer gewesen, und seine soziale Seele verkrüppelte schnell in den Anfängen. Kohle, Money, Dollars, Euro, wie man es auch nennen will, nur damit kann man heute sicher durch Leben segeln. Und da hilft auch kein Theater. Zwar gilt der 1970 in London geborene Dennis Kelly als Entdeckung unter den neuen englischen Dramatikern, doch seine angebliche Kapitalismuskritik „Liebe und Geld“, 2006 geschrieben, ist nicht viel mehr als eine Plattitüde für diejenigen, die nicht blind durchs Leben taumeln. An die Qualitäten einer Sarah Kane reicht er bei weitem nicht heran. Und so setzt das Stück dem bösen System ausgerechnet Glaube, Liebe, Hoffnung, die Grundlehren des bösen Christentums, entgegen, in einer komplizierten Szenenfolge, in Rückblenden in pseudoradikalen Dialogen.

Peter Wallgram reduziert in Wuppertal die Gesellschaft auf einen Alptraum voller Teddybären, in dem die Szenen nummernartig vorbeiziehen, strukturiert durch zwei hölzerne Verschiebewände, auf denen sowohl Glauben als auch Hoffnung geschrieben steht, und die sich gegenseitig begrenzen und kleine Räume bilden, in denen die Zweipersonen-Szenen stattfinden. Dass dabei die Nebenrollen viel von der inhaltlichen Substanz verbrauchen, ist auch eher eine Schwäche des Stücks als der Regie, an den Schauspielern gab es sowieso nichts zu meckern.

Da ist einmal Jess (Maresa Lühle), die, dem Kaufrausch erlegen, so viele Schulden angehäuft hat, dass sie sich das Leben nehmen will. Ihr Mann David (Marco Wohlwend) hilft gern mit eingeträufeltem Wodka nach, als der Versuch zu scheitern droht. Der Lehrer will den Schulden so elegant entkommen und vielleicht endlich mit seinem Ford Mondeo auf die Piste können. Dummerweise erzählt er das alles seiner französischen Internetfreundin Sandrine, die daraufhin den Kontakt abbricht und damit auch den ersten Teil der Geschichte beendet. Aber David ist pleite, muss jetzt Kohle scheffeln. Seine Ex mit eigener Firma bietet einen neuen Job mit zu niedrigem Gehalt, macht aber einen bösen Vorschlag: Blowjobs bei Männern seien die neue Goldgrube. Der Lehrer ist entsetzt – und steigt ins Porno-Business ein. Wie soll er auch sonst zum neuen Mondeo kommen? Am Anfang hatten sie noch nachgedacht über die Welt: „Was ist so schlimm dran, dass es einen Sinn gibt?“ Jetzt streift Jess im Hintergrund als Bunny durchs Teddywunderland, und ihre Eltern streiten sich an der Grabstätte mit dem Nachbarn. Selbst hier hat der Neid als Triebfeder allen Besitzstandes die Oberhand. Und Rentner werden dafür noch militant. Netter Gag, Herr Kelly, aber wozu? Der Tanz ums Goldene Kalb wird weitergehen, wenn auch die zuckersüße Jess in einer letzten Rückblende und langem Monolog das Plädoyer für die Liebe hält, und dann endlich das Licht ausgeht. Eine gute Regieidee mit gelungener Dramaturgie ist zu Ende. Alle gehen nach Hause durch die Adventnacht – das Fest des deutschen Einzelhandels lauerte bereits. Hier findet die wirksamste Verbindung von Liebe und Geld statt.




„Liebe und Geld“
Sa 8.1., 20 Uhr
Kleines Schauspielhaus Wuppertal
0202 569 44 44

PETER ORTMANN

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