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Foto: Francis Lauenau

„Migranten brauchen Helfer mit Migrationshintergrund“

28. Februar 2013

Martin Vedder über die besonderen Erziehungsprobleme von Migranten – Thema 03/13 Schutzbefohlen

engels: Herr Vedder, haben Eltern mit Migrationshintergrund größere Probleme, ihre Kinder zu erziehen?
Martin Vedder:
Zunächst einmal unterscheiden sich Eltern mit oder ohne Migrationshintergrund nicht voneinander. Sie wollen, dass ihre Kinder ein gutes Leben haben, sie sollen es nach Möglichkeit einmal besser haben. Vielleicht haben hier Eltern mit Migrationshintergrund oft sogar noch höhere Ansprüche an ihre Kinder, weil sie sich selbst früher intensiv ein besseres Leben wünschten. Das erzeugt bei den Kindern dann einen nicht unerheblichen Druck.

Martin Vedder
Foto: privat
Martin Vedder (54) ist Diplompädagoge und Familientherapeut, Leiter der Ambulanten Dienste und des Sozialpsychiatrischen Kompetenzzentrums Migration.

Sind Eltern mit Migrationshintergrund gewalttätiger als andere Eltern?
Es gibt Statistiken, dass Gewalt in Familien, die aus bestimmten Regionen der Welt stammen, häufiger vorkommt. In manchen Kulturen wird Gewalt als Mittel der Erziehung durchaus als tolerierbares Erziehungsmittel anerkannt. Ich bewerte diese Statistiken allerdings eher kritisch. Das Verprügeln von Kindern wird in keiner Kultur akzeptiert und wird überall gesellschaftlich sanktioniert. Eine Ohrfeige als Mittel der Erziehung wird allerdings je nach persönlicher Einstellung, sozialer Stellung oder kultureller Herkunft unterschiedlich bewertet.

Sind die Generationskonflikte zwischen Eltern und Jugendlichen ausgeprägter?
Es gibt Familien, die auf gesellschaftliche Anforderungen mit Traditionalismus reagieren. Es gibt zum Beispiel türkische Familien, die sich jetzt, wo sie in Deutschland leben, viel mehr an traditionellen Werten orientieren als zuvor, als sie noch in der Türkei lebten, und erwarten dies auch von ihren Kindern. Das führt oft zu Problemen. Manche Kinder teilen diese traditionellen Werte oder denken und agieren noch konservativer als ihre Eltern. Man muss allerdings von einer Ausdifferenzierung dieser Milieus ausgehen. Andere Kinder sind sehr modernistisch, steigen in unserer Gesellschaft auf. Insgesamt haben Migrantenfamilien höhere Anforderungen zu bewältigen.

Bekommen Migrantenfamilien von unserer Gesellschaft genug Hilfen?
Es gibt viel Hilfe. Aber Migranten bräuchten vor allem Helfer mit Migrationshintergrund, die ihnen Vertrauen in die Institutionen vermitteln.

INTERVIEW: LUTZ DEBUS

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