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Foto: Hartmut Sassenhausen

Lieder wie Opern

01. Juli 2024

Liederabend in der Historischen Stadthalle – Musik 07/24

Das Kunstlied der Romantik und Spätromantik steht nach wie vor ganz hoch im Kurs. Bedeutende Vertreter sind Franz Schubert, Hugo Wolf, Carl Loewe, Hans Pfitzner, Erich Wolfgang Korngold oder Othmar Schoeck. Dazu gehören auch Robert Schumann, Johannes Brahms und Richard Strauss, die großartige Werke dieser Gattung schufen. Diesen drei Komponisten ist das letzte Konzert der Reihe „Liedertal“ vor der Sommerpause in der Historischen Stadthalle gewidmet, zu dem wegen der Fußball-Europameisterschaft (zeitgleich spielt die Deutsche Nationalmannschaft) nur ein sehr überschaubares Publikum erschienen ist. Zu Gast sind Bariton Paul Armin Edelmann und die Liedbegleiterin Bernadette Bartos, die eine gehaltvolle Auswahl aus deren umfangreichem Oeuvre präsentieren.

Schumann schrieb knapp 300 Lieder. Bedeutend sind gerade seine Zyklen, der „Liederkreis“ op. 39 und die Kerner-Lieder op. 35. Mit im Gepäck hat daraus das Duo die inhaltsreiche sechszehnteilige „Dichterliebe“ op. 48. Brahms komponierte über 200 Werke dieser Gattung. Fünf von ihnen aus den Opuszahlen 27, 43, 59, 84 und 105 hat es ebenfalls dabei. Des Weiteren liegen sechs der 220 Stücke aus der Feder von Richard Strauss auf dem Notenpult des Flügels.

Kunstform Liedgesang

Dietrich Fischer-Dieskau, 2012 gestorben, leistete auf dem Gebiet des Liedgesangs Pionierarbeit, indem er das Kunstlied auf ein ernst zu nehmendes professionelles Niveau hob. Seitdem ist nicht mehr der reine Operngesang mit seinen Vokalisen en vogue. Wichtig ist Textverständlichkeit, das Nachzeichnen der Inhalte, das Changieren zwischen Charakteren und Emotionen. Unabdingbares Rüstzeug dafür sind neben einem kompetenten Gefühl für Musikstile, nuancierte Phrasierungen oder eine variable dynamische Stimme in allen Registern. Etwa sollten laute und leise Passagen und umgekehrt subito, also sofort, bruchlos fließend wechseln. Mittlerweile wird an Musikhochschulen neben dem Studium des reinen Operngesangs nicht von ungefähr auch das Fach Lied- und Konzertgesang angeboten.

Unüberhörbar verfügt Edelmann über einen profunden, tragfähigen Opernbariton, der musikalisch-melodische Linien mit einer sauberen Betonung der Vokale gestaltet, kräftig-markant im Forte, ausgewogen-voll im Piano. Mit dieser Technik beeindruckt er sicher auf Bühnen in Musiktheatern. Doch im Konzertfach ist das Eintauchen in den Gesangstext und der klaren Darlegung seiner reichhaltigen Inhalte genauso wichtig. Etwa kommen an diesem Abend nicht immer deutlich vorgetragene Konsonanzen über die Bühne. Beispielweise hören sich die ersten Worte „Mach auf, mach auf!“ des Strauss-Lieds „Ständchen“ an wie „achauw, achauw“. Generell präsentiert er die in der Musik liegenden Emotionen nachvollziehbar. Doch die dazu gehöremden Geschichten im Text mit gleichwertigem Gewicht verblassen unter anderem qua mangelnder Artikulation.

Zornige Klänge

Schumanns „Dichterliebe“ ist ein Paradebeispiel für seine ehrliche Auffassung von Wahrhaftigkeit. Die Authentizität von Gefühlen ohne künstlich stilisierte Affekte hat er auf unnachahmliche Art zu Papier gebracht. In den Vertonungen der sechzehn Gedichte stecken schwärmerisches Liebesglück wie auch Schmerz, Verzweiflung, Melancholie. Sämtliche Höhen einer unglücklichen Liebe werden durchlebt. Der Komponist schreibt außerdem komplex. In Nummer Sieben „Ich grolle nicht“ poltert es im Text. Dazu übertreibt Schumann mit gewaltig zornigen Klängen so, als hätte er an den ernst gemeinten Worten der Dichtung von Heinrich Heine einiges auszusetzen. Aus Groll wird Verzweiflung. Dieser vielschichtige Gehalt hier wie auch bei den anderen Programmpunkten kommt folglich aus bereits erwähnten Gründen nicht plausibel von der Bühne.

Dabei stellt sich Bartos als eine professionelle Pianistin vor, die Edelmann sehr sensibel und mitatmend begleite und ihre Solopassagen differenziert vorträgt. Für den herzlichen Schlussapplaus bedankt sich das Duo als Zugabe mit dem Richard-Strauss-Lied „Nichts“, die zweite Nummer aus Opus 10.

Hartmut Sassenhausen

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