Gerade in diesen Zeiten macht eine Bilanz in der Kunst, hier nun: in der Fotografie, Sinn. Dies in den besten Beispielen vorzuführen und inhaltlich zu vertiefen. Damit das Fest einer Ausstellung zu feiern und im Rückblick auf den Reichtum der Fotokunst in der Region „stolz zu sein“, wie Gabriele Conrath-Scholl es formuliert hat. Derzeit zeigt die von ihr geleitete Photographische Sammlung der SK Stiftung Kultur eine Auswahl an Fotoarbeiten aus der Sammlung Garnatz, und zwar sinnfällig ergänzt um Exponate aus dem hauseigenen Bestand. Das Ehepaar Garnatz hat von Köln aus, medienübergreifend, die Kunst seiner Zeitgenossen im Besonderen der 1980er bis 2000er Jahre gesammelt; einen Schwerpunkt bildet die Fotokunst. Heute ist die Sammlung in der Städtischen Galerie in Karlsruhe untergebracht. Hieraus und aus dem familiären Nachlass stammen nun insbesondere die Positionen zur Kölner Fotografie.
Köln und Düsseldorf
Die Pointe ist, dass die Photographische Sammlung dies in einen Dialog mit den in etwa zeitgleichen Vertretern der Düsseldorfer Foto-Szene setzt und damit die Vielschichtigkeit aber auch die verschiedenen Schwerpunkte der Fotografie im Rheinland herausarbeitet. Die ältesten Künstler sind, sämtlich aus Köln, Hugo Schmölz, Albert Renger-Patzsch, Werner Mantz und Chargesheimer; mit den 1961 geborenen Frank Döner und Boris Becker sind die jüngsten Künstler der Ausstellung nicht mehr ganz jung. Daher steht die Ausstellung zwar für die genannten Dekaden repräsentativ, aber sie bleibt historisch und das ist auch ihr Konzept. Die Werke einzelner Künstler werden aus beiden Sammlungen kongenial zusammengeführt, besonders Bernd und Hilla Becher sowie Tata Ronkholz und Thomas Ruff.
Mit Nennung allein dieser Namen wird deutlich, dass als Sujets Architektur und Stadtansichten überwiegen. Und dann finden sich in der Ausstellung hoch spannende, umfassende Beiträge und Sequenzen von Sigmar Polke – natürlich von Sigmar Polke! – und von Anna und Bernhard Blume, von Wlihelm Schürmann, Candida Höfer oder, die Künstlerporträts, von Benjamin Katz oder – etwas außer der Reihe – von Arnulf Rainer mit seiner späten „Malerphotographie“ und Jim Dine.
Dokumentarisch und experimentell
Bei aller Verschiedenheit und allen Eigenheiten zeichnet sich ab, dass in Köln (außer den Genannten mit Astrid Klein, Augustina von Nagel und natürlich Jürgen Klauke und Gina Lee Felber) technische Experimente und Inszenierungen verbreitet sind. Und dass in Düsseldorf, mit der Fotoklasse der Bechers an der Kunstakademie, die Tendenz zum Dokumentarischen und damit ein sachlich reihender, zentrierter Blick überwiegen. Aber ganz so einfach ist es natürlich nicht, und so kommen etwa der in Köln lebende Becher-Schüler Boris Becker und die verschiedenen Verfahren des sowieso als Konzeptkünstler zu verstehenden Thomas Ruff ins Spiel. Natürlich erhebt die Ausstellung nicht den Anspruch der Vollständigkeit – am Anfang vermisst man vielleicht August Sander, am Ende vielleicht Katharina Sieverding – aber dafür bewahrt sie sich eine ausgezeichnete Leichtigkeit. Eindrucksvoll, informativ und lehrreich ist sie ohnehin.
Von Becher bis Blume – Photographien aus der Sammlung Garnatz und der Photographischen Sammlung / SK Stiftung Kultur im Dialog | bis 8.8. | Die Photographische Sammlung / SK Stiftung Kultur, Köln | aktuell geschlossen | 0221 88 89 53 00 | www.photographie-sk-kultur.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Aussenwelt und Innensicht
Björn Siebert bei Rolf Hengesbach
„Keine klassischen Porträtfotografien“
Kuratorin Kerrin Postert über „UK Women“ in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Sammlung 06/24
Vom Kleinsten und Größten
„Size matters“ im Kunstpalast Düsseldorf – kunst & gut 03/24
Das eigene Land
„Revisions“ im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln – Kunst in NRW 03/24
Ein Star unter den Fotografierten
Max Ernst auf Fotografien in seinem Museum in Brühl – kunst & gut 03/23
Diskreter Charme von Rhein und Ruhr
Jenseits von 99 Luftballons: Hanns Friedrichs in Hagen
– kunst & gut 01/23
Todfeinde der Malerei
„Eine neue Kunst. Fotografie und Impressionismus“ in Wuppertal
– kunst & gut 11/22
Visionen zwischen Schein und Wirklichkeit
Zwei unterschiedliche Künstlerinnen im Osthaus-Museum
– kunst & gut 09/22
Das Porträt zur Abwesenheit
Matthias Schaller im NRW-Forum Düsseldorf – kunst & gut 03/22
Fett, Gold und tote Tiere
Ute Klophaus im Von der Heydt Museum – kunst & gut 11/21
Panoptikum der Gegenwart
Andreas Gursky in der Küppersmühle Duisburg – kunst & gut 10/21
Am Ort des Geschehens
Tobias Zielony im Museum Folkwang in Essen – Kunst in NRW 09/21
Menschen allein
Lars Eidingers Ausstellung „O Mensch“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 10/24
Noch gemalt
„Zwischen Pixel und Pigment“ in Herford und Bielefeld – Kunst in NRW 09/24
Farbe als Ereignis
Katharina Grosse im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 07/24
Farbe an Farbe
Otto Freundlich und Martin Noël in Bergisch Gladbach – Kunst in NRW 06/24
Am Anfang der Abstraktion
Hilma af Klint und Wassily Kandinsky in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/24
Glaube und Wissenschaft
Louisa Clement im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 04/24
Ritt durch die Jahrhunderte
Die Neupräsentation im Kunstpalast in Düsseldorf – Kunst in NRW 02/24
Ende eines Jahrhunderts
George Minne und Léon Spilliaert in Neuss – Kunst in NRW 01/24
Puls des Lebens
Chaïm Soutine im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 12/23
Ganz leicht
Christiane Löhr im Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 11/23
Die stille Anwesenheit der Dinge
Cornelius Völker im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 10/23
Aus anderer Perspektive
Szenenwechsel der Sammlung im K21 in Düsseldorf – Kunst in NRW 09/23