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Denn gute Politik braucht mehr als Bekenntnisse
Foto: thauwald-pictures / Adobe Stock

Wie die AfD stoppen?

26. März 2024

Teil 1: Leitartikel – Plädoyer für eine an den Bedürfnissen der Mehrheit orientierte Politik

Hunderttausende sind seit Mitte Januar in deutschen Städten gegen Rechts auf die Straße gegangen. Auslöser war das Bekanntwerden des „Abendessens von Potsdam“ bei dem Mitglieder der AfD, aber auch von CDU und Werteunion sowie gutbetuchte Unternehmer, den Ausführungen des österreichischen Faschisten Martin Sellner lauschten, der unter anderem Migranten massenhaft deportieren will. Vor allem die AfD wird von weiten Teilen der Öffentlichkeit als Hauptgegner markiert. Das ist konsequent, profitiert die Partei derzeit doch am stärksten von der Verschiebung bei den Zustimmungswerten im Parteiensystem der BRD. Doch Regierung, Öffentlichkeit und Demonstranten lügen sich was in die Tasche, wenn sie glauben, allein Bekenntnisse zu Demokratie und Rechtsstaat könnten den Aufstieg der AfD stoppen.

Revanche gegen Politik für Wohlhabende

Das Problem liegt woanders, wie eine Studie der Bertelsmann-Stiftung Anfang Februar zeigte, über die die Deutsche Presseagentur berichtete. Demnach kann die Ampelregierung aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP nur noch bei den Wohlhabenden sowie im „neo-ökologischen Milieu“ punkten. Bei Menschen hingegen, die für den Mindestlohn oder weniger schuften, und denen Inflation und steigende Abgaben zusetzen, kommt die Ampel nicht gut an. Gerade in diesem Milieu hat die AfD bei zurückliegenden Wahlen und bei Umfragen viermal höhere Zugewinne erzielt als die größte Oppositionspartei CDU. Die Ampelpolitik zahlt auf das Konto der AfD ein.  

Dennoch sind die Zugewinne überraschend. Denn die AfD hat gerade Armen, Gering- und Durchschnittsverdienern nichts zu bieten. Den Mindestlohn lehnt die AfD als angebliches Jobkiller-Gesetz ab. Stattdessen kommt ihr Steuerprogramm vor allem Wohlhabenden zugute – also jenen Wählern, die auch von der Ampel bevorteilt werden –, wenn die Abschaffung von Erbschafts- und Grundsteuer gefordert wird. Auch für Ostdeutschland, wo sie besonders viel Zuspruch erhält, hat die AfD keinen Plan. So lehnt sie sowohl Subventionen als auch den Ausbau erneuerbarer Energien strikt ab. Dabei sind das beides Bedingungen für eine Ansiedlung neuer, gut bezahlter und zukunftsfähiger Industriejobs. Die Wähler der Unterklasse schneiden sich also ins eigene Fleisch, wenn sie der AfD ihre Stimme geben! Dieses gegen die eigenen Interessen gerichtete Wahlverhalten ist eigentlich nur mit einem Revanchereflex gegen alle etablierten Parteien zu erklären, die seit rund vierzig Jahren fast ausschließlich Politik für Wohlhabende machen.

Politik für kleine Geldbeutel

Wie müsste aber eine Politik aussehen, die den Rechtsruck nicht nur symbolisch, sondern tatsächlich bekämpfen wollte? Statt weiter dogmatisch an der unsinnigen Schuldenbremse festzuhalten, müsste die Ampel Politik für kleine Geldbeutel machen. Das hieße: Keine Plastik- oder Fleischsteuer und keine Erhöhung der LKW-Maut. Ebenfalls nicht erhöht gehören Sozialbeiträge und Mehrwertsteuer auf Gas, Fernwärme und Gastronomie. Eine Erhöhung der CO2-Abgabe ist gut und richtig, jedoch nur dann, wenn es im Gegenzug ein Klimageld für kleine und mittlere Einkommen gäbe. Nur so wäre sichergestellt, dass die Abgabe mit den Reichen genau jene trifft, die für die höchsten CO2-Ausstöße verantwortlich sind. Wie bringt es der Ökonom und Publizist Maurice Höfgen so schön auf den Punkt: „Gute Wirtschafts- und Sozialpolitik sind gelebter Antifaschismus.“

Bernhard Krebs

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