Als bunt, friedlich und lustig wird die Welt im Schlager besungen. Bis in die 70er hat das den Menschen viel Freude bereitet. Eine dieser Freudebereiterinnen war Mary Roos, mit ihren Gute-Laune-Liedern fester Bestandteil der ZDF-Hitparade. Doch dann kamen Disco und Neue Deutsche Welle, die Marys, Rexis und Roys hatten es schwer. An ihrer Gitarre besang Nicole noch lahm „Ein bisschen Frieden“ und gewann 1982 den Eurovision Song Contest. Anschließend mühten sich bei der Sing-EM, dem letzter Tanker des Genres, viele ab.
So plätscherte der Schlager eher traurig vor sich hin, offensichtlich gehört von den falschen Leuten, in einer Nische mit Gartenzwergbesitzern – bis sich ein gewisser Stefan Raab der Sache annahm. 1998 schickte er einen liebenswerten Zottel ins Rennen, der Horst Köhler hieß, sich aber Guildo Horn nannte. Der hatte uns lieb, tobte brausepulverfrisch mit Froschring und Samtanzug schweißtreibend über die Bühne, besang Nussecken und Himbeereis. Das Genre war reanimiert. Kurz darauf stellte sich Raab selbst im Wettbewerb: Mit Trickkostüm in Funkelgold, umtanzt von hübschen Mädchen, und einer spielfreudigen Begleitband, fragte er „Wadde hadde dudde da?“. Zwar reichte es erst einige Jahre später zum spektakulären ersten Platz, als der clevere Entertainer den Schlager Schlager sein ließ und die junge Pop-Sängerin Lena Meyer-Landrut antreten. Die Schlagerwelt war aber gerettet, junge Leute interessierten sich wieder für das Genre. Wie Pilze aus dem Boden schossen Formate à la Schlagermove, bei denen die Titel aus Mutters Tanzschulzeiten recycelt wurden. Selbst der eigentlich ausrangierte Barde Heino, mit seinen heimattümelnden Liedern als Spießer bekannt, konnte sich später an einer Coverversion des von der Band Die Ärzte komponierten Stücks „Junge“ versuchen. Und mit neuen Sternen wie Helene Fischer oder Andrea Berg geht es längst atemlos durch die Szene.
Gemeinsam mit Wolfgang Trepper nimmt sich nun erneut Mary Roos („Nur die Liebe lässt uns leben“) der weiten Welt des Schlagers an. Premiere feierte das Programm mit dem klangvollen Namen „Nutten, Koks und frische Erdbeeren“ auf dem Kiez in Schmitz Tivoli, jetzt macht das Duo Stopp in der historischen Stadthalle auf dem Johannisberg. „Jubeln Sie! Seien Sie begeistert! Es könnte das letzte Mal sein.“ Eingeteilt ist die Show in zwei Abschnitte. Die erste Halbzeit führt zurück in die wundersame Welt der aus Schlagersicht glorreichen 60er und 70er: Zu hören gibt es die wichtigsten Lieder der Jahrzehnte, viele von Roos. Kommentiert wird der Abend von Moderator Wolfgang Trepper, der Frontalangriffe auf alles, was sich in Zeiten von Hitparade, Disco und Schlagerstarparade auf den Bühnen bewegte, unternimmt. „Zwei Leute können was: Udo Jürgens und Mary Roos. Der Rest ist nur Gehampel.“ Innerhalb von knapp drei Stunden wird gesungen und geschmäht, gelacht und schön gelästert. Nebenbei wird auch geklärt, woher der Titel der Enthüllungsshow stammt. Auch hier spielt besagter Heino angeblich eine Rolle...
„Nutten, Koks und frische Erdbeeren“ | Fr 8.9. 20 Uhr | Historische Stadthalle Wuppertal | 02365 503 55 00
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