Schwerlich lassen sich die aktuelle Wechselausstellung mit Louise Lawler und die zeitgleiche Sammlungs-Präsentation, die Philipp Kaiser nach seinem ersten Jahr als Direktor im Museum Ludwig frisch eingerichtet hat, voneinander trennen: Lawlers Institutionskritik und das Hinterfragen des Ausstellungsraumes als Display formulieren sich in ihren Interventionen in den Sammlungsbereichen noch schärfer als in ihrer separaten Ausstellung, die sich auf ihre Fotoarbeiten konzentriert.
Die Leistung der auf Dauer angelegten Schau mit den Sammlungsbeständen liegt im unaufdringlich Akzentuierenden der internationalen Akteure und Ismen der Kunst vor allem von den 1960er-Jahren bis Heute. Kaiser führt das Museum Ludwig in die Gegenwart. Dazu stellt er neue, in den letzten Jahren oder jüngst erworbene Arbeiten zum ersten Mal vor. Die amerikanische Pop Art, die sich bislang im Untergeschoss befunden hat, ist nun als Teil der Chronologie verstanden und in die Obergeschosse integriert, wo sie in Bezug zu einzelnen Werken von Duchamp, Picabia, Leger oder Schwitters gesehen wird. Im Gegenzug hat Kaiser die Beiträge der Land Art, der Minimal und Concept Art der 1960er und 1970er Jahre aus dem Depot geholt und im Untergeschoss positioniert.
Auffällig ist die Gewichtung der amerikanischen Kunst, die sich andererseits aus der Sammlung Ludwig ergibt. Mitunter scheint es in der Ausstellung, als gäben die US-Amerikaner den Takt der Weltkunst vor. Nur Picasso kommt mit seinen Werken – die indes von Louise Lawler kommentiert werden – dagegen an. Teils aber neutralisieren sich die Schwergewichte, etwa im Zueinander von Julian Schnabels Gemälde „Ignatius von Loyola“ und der bewegt abstrakten Malerei von Christopher Wool und dem Röhrengestell von Cady Noland, das übrigens ein großartiges Kunstwerk ist, welches man vielleicht gar nicht so weit entfernt sehen möchte von den Objekten von Nairy Baghramian im Untergeschoss. Diskussionswürdig ist auch die Zusammenstellung der „Beeren“ von Thomas Schütte (ohnehin nicht die stärkste Arbeit dieses wichtigen Künstlers) mit Werken von Hans Peter Feldmann und Sigmar Polke. Wie beruhigend sind dagegen die Quasi-Einzelausstellungen von Fischli/Weiss und den fotografischen Folgen von Türken in Deutschland von Candida Höfer, die jeweils eigene Räume erhalten haben. Etwas unbeholfen im Ablauf wirkt ein Raum, in dem zwei „Schreibmaschinen“-Bilder von Konrad Klapheck mit drei Werken von Gerhard Richter und einem Block fotografischer Aufnahmen von Gasbehältern von Bernd und Hilla Becher ausgestellt sind. So evident hier der Umgang mit dem Seriellen ist – wie ihn auch Richters Malerei „Fünf Türen“ reflektiert – so sehr wird er in der Zusammenstellung doch formalistisch begriffen. Diese Bilder kommen relativ hausbacken rüber, was sie definitiv nicht sind ...
Es gibt eine ganzheitliche Lesart zur Neupräsentation, welche die Etagen als miteinander korrespondierende Entwürfe versteht, mit Achsen im Ober- und Untergeschoss, die unterschiedliche Aspekte der Wirklichkeitserfahrung seit den 1960er-Jahren positionieren. Das mag sein.
Als „Kraftzentren“ aber erweisen sich zwei große, mithin bereits historische Installationen. Zum einen Michael Heizers meditativ stille Großprojektion „Actual Size (Elsinore)“ (1970) am einen Ende des Untergeschosses. Zum anderen Barbara Krugers begehbarer Saal (1994/95), der Bild und Sound in einer Collage zusammenführt, welche in ihrer Direktheit das Alltägliche verstärkt und monströs erscheinen lässt. Einmal also „implodiert“ die ansonsten bedachtsame, unaufgeregte Präsentation der Sammlung. Spannend!
„Not Yet Titled – Neu und für immer im Museum Ludwig“ | bis auf weiteres im Museum Ludwig in Köln | www.museum-ludwig.de
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