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Sarah Hülsewig
Foto (Ausschnitt): WbI GmbH

„Den Cartoons wohnt eine Zeitlosigkeit inne“

09. Dezember 2024

Kuratorin Sarah Hülsewig über die Ausstellung zu Loriot in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Sammlung 12/24

Die Ausstellung „Ach was.“ in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen zeigt Zeichnungen, Drehbücher, Szenenfotos und Filmausschnitte aus dem Werk von Loriot. Ein Gespräch mit Kuratorin Sarah Hülsewig.

engels: Frau Hülsewig, gleich zu Beginn des neuen Jahres zeigen sie Gekritzel eines hundertjährig geworden Währenden. Ist das Museum auf den Hund gekommen?

Sarah Hülsewig: In einer gewissen Weise widmen wir uns in der Ausstellung den Tieren, das ist richtig. Loriot hat gerne mit dem Rollentausch zwischen Tier und Mensch, im Speziellen Hund und Mensch, gearbeitet. Dies lag unter anderem darin begründet, dass er selber bekennender Hundefan, vor allen Dingen Mopsfan, war. Ein berühmtes Zitat von ihm lautet: „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“ 

Worin liegt der Reiz, die seit Jahrzehnten bekannten Cartoons immer wieder zu sehen?

Diesen Cartoons wohnt eine gewisse Zeitlosigkeit inne. Loriot hat mit dem Knollennasenmännchen eine themenübergreifende Figur gezeichnet, die sehr, sehr zeitlos ist. Außerdem hatte er ein Faible für das 19. Jahrhundert. Das heißt, die Figuren, die er gezeichnet hat, waren schon zu ihrer Entstehungszeit immer ein kleines bisschen aus der Zeit gefallen. Dieser zeitlose Charakter hat sich bis heute wunderbar gehalten. Außerdem ist der Humor, der seine Cartoons auszeichnet, zum Teil immer noch zeitgemäß. 

Was ist überhaupt zu sehen in Oberhausen?

In der Ludwiggalerie werden wir mehr als 300 originale Zeichnungen zeigen, dazu Skizzen, Collagen und Scribbles, die von Loriots Kindheit bis zu seinem Spätwerk reichen. Natürlich sind auch Briefwechsel, Drehbücher und Filmausschnitte aus allen seinen Schaffensperioden zu sehen sowie Szenenfotos der legendären Sketche und Filme, zum Beispiel aus „Die Nudel“ oder aus „Pappa ante portas“. Des Weiteren thematisieren wir ein Stück Zeitgeschichte: 1985 gab es in der DDR die erste Loriot-Ausstellung in seiner Geburtsstadt Brandenburg an der Havel. Das war etwas Besonderes, denn damals musste man einiges an diplomatischem Geschick aufwenden, damit eine solche Ausstellung in der DDR überhaupt stattfinden konnte. 

War früher tatsächlich mehr Lametta? Ist die militärische Laufbahn von Loriot auch ein Teil der Ausstellung? Militärische Laufbahnen nehmen ja langsam wieder zu. Er war wohl ein preußisch-adliger Panzerfahrer?

Loriot entstammte einem alten deutschen Adelsgeschlecht und kam aus einer Offiziersfamilie, da war sein Weg wohl auch ein bisschen vorherbestimmt. Ein Teil dieser militärischen Laufbahn wird sich im Ausstellungskontext in der Biografie von Loriot zeigen. Er war sich selbst gegenüber durchaus kritisch und hat seine eigene Vergangenheit auf ironisch gebrochene Art und Weise thematisiert. 

Von Brandenburg an der Havel nach Münsing am Starnberger See – ist das ein deutscher Aufstieg?

Das würde ich nicht so bezeichnen. Er ist in Brandenburg an der Havel geboren, dann hat er eine Weile in Berlin gelebt und ist durch biografische Umbrüche in seiner Jugend nach Süddeutschland gelangt. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte er während seines Studiums in Hamburg. Dass er am Ende am Starnberger See sein Zuhause gefunden hat, hatte vor allen Dingen mit seiner Arbeit zu tun, weil er ja für die Zeitschriften „Quick“ und „Weltbild“ lange Zeit der Cartoonzeichner war und er in der Nähe dieser Verlage sein und arbeiten wollte. 

Ich habe das Gefühl, viele seiner feinen, kritischen Bonmots werden heute gar nicht mehr verstanden. Stimmt das?

Die berühmten Knollennasenmännchen in der Badewanne, © Studio Loriot

Manches, was er in Interviews geäußert hat, teilweise auch in seinen Sketchen, da gebe ich Ihnen Recht, das ist heute zum Teil nur im Kontext der damaligen Zeit zu verstehen. Allerdings würde ich behaupten, dass Loriot längst im kulturellen Gedächtnis angekommen ist, gerade was sprachliche Äußerungen angeht. Jede:r kennt Zitate wie „Die Ente bleibt draußen!“ oder„Sagen sie jetzt nichts!“, das sind Bonmots, die aus unserem Sprachschatz nicht wegzudenken sind. Vielleicht ist sich nicht jede:r bewusst, dass diese Zitate von Loriot stammen, trotzdem hat er sprachlich etwas bewirkt.

Wie sieht denn die Ausstellungsarchitektur aus? Gibt es einen Kinosaal?

Wir werden einen Film präsentieren. Allerdings keinen von Loriot selbst, sondern eine Dokumentation, die für die ARD zum 100. Geburtstag von Loriot produziert worden ist. Es ist uns wichtig zu zeigen, welchen Einfluss Loriot bis heute vor allen Dingen auf Cartoonzeichner:innen, Schauspieler:innen und Komiker:innen hat. 

Kommen wir zur letzten Frage. Was denken sie, wird Loriot in 100 Jahren noch bekannt sein?

Das denke ich schon! 

Ach was. Loriot – Künstler, Kritiker und Karikaturist | 26.1. - 18.5. | Ludwiggalerie Schloss Oberhausen | 0208 41249 28

Interview: Peter Ortmann

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