Wer die höchstdotierten deutschen Jazzpreise abräumt, den sollte der Jazzfreund kennen dürfen – manchmal gerieren sich diese ausgezeichneten Personen eher unauffällig. Frederik Köster bläst die Trompete und besitzt für gewünschte jazzsinfonische Effekte ein ganzes Jazzorchester: Akustisch will er sich also nicht verstecken. Deshalb ist dem WDR der Anfangsdreißiger nicht entgangen, und er wird Ende Oktober vom WDR den Jazzpreis in der Kategorie „Improvisation“ erhalten. An diesem festlichen Abend können die Freunde und die Jazzfans den Instrumentalisten auch live und in Aktion erleben, einen Musiker, dessen Vita vielleicht zufällig genau die richtigen Weichen stellte, durch die ein junger Musiker seinen Sound und seine speziellen Farben und Ideen für die Improvisation findet, die heutige Hörer berührt.
Als Frederik, Jahrgang 1977, 2001 ins legendäre BuJazzO kam, war er zuvor der Platzhirsch in einem Kaff im Hochsauerland. Hier blies er den Kollegen aus der Blaskapelle einen Marsch, den die geselligen Hobbytröten nicht kannten. Im Bu(ndes)JazzO(rchester), der Schmiede für die landesweit eingesammelten Jazztalente aus der Republik, staunte die hochgelobte Trompetenrakete, was die bereits fortgeschrittenen Jazzstudenten alles drauf hatten. Das relativierte und löste Bescheidenheit aus. Köster mag selbst heute nicht als Jazzmusiker bezeichnet werden, so verriet er in einem Interview. „Musiker“ ist sein Beruf, denn seine Wurzeln greifen auch auf Musiker wie Frank Zappa, Peter Gabriel oder Bands wie Genesis oder Pink Floyd zurück. Selbst vor Filmmusiklegenden wie John Williams zieht der Trompeter, der auch hervorragende Kompositionen für kleine und große Besetzungen schreibt, bewundernd den Hut. Der Erfolg gibt ihm recht, denn der WDR Jazzpreis ist nicht die erste Medaille, die dem Musiker verliehen wird. 2006 räumte er den Solistenpreis bei einem Belgischen Wettbewerb ab, im letzten Jahr punktete sein Quartett beim Neuen Deutschen Jazzpreis in Mannheim, und das Publikum adelte ihn damals zusätzlich mit dem Solistenpreis. Sein Album „Zeichen der Zeit“ erhielt im Mai den
Echo Jazz.
Köster arbeitet kontinuierlich im Quartett, sein Orchester – mit ganz ausgezeichneten Kollegen besetzt – frisst organisatorisch zu viel Zeit. Denn der einstige Kölner Student unterrichtet als Professor für Jazz-Trompete in Osnabrück – der einst in einem Detmolder Studium angestrebte Beruf des Schulmusikers hat sich also nicht ganz verloren. Als Improvisator und Komponist verbannt er jede akademische Methodik. Hier wird er zum lyrischen Erzähler, mit Herzblut, Attacke und auch mal Humor. Einmal verriet er den Hintergrund seines Titels „200 Turkeys“: Das Stück widmete er einem englischen Fan des Weihnachtsfestes, der den Heiligen Abend am liebsten täglich feiert und dazu den obligatorischen Truthahn verzehrt – rund 200 Stück im Jahr. Auch diese Leistung erschiene manchem Privatsender preisverdächtig, fällt aber in eine andere Disziplin. Vertont durch Frederik Köster bekommen die „200 Turkeys“ übrigens ausgezeichnet: ein typisches Werk für sein Quartett (mit Gitarre, Bass, Schlagzeug), rhythmisch vertrackt, aber es geht schlüssig nach vorn. Wie die Karriere Kösters, einem ausgesprochen
heutigen Musiker.
Konzert im WDR Funkhaus Köln: 29.10. I www.wdr3.de
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