Glücklichste Nation der Welt, laut UN-Glücksreport: die Finnen! Dabei ist es dort oft kalt, im Winter lange dunkel, und stoischer Pessimismus scheint vorzuherrschen – zumindest, wenn man die Kultfilme von Aki Kaurismäki heranzieht, aus denen sich ein Großteil unseres Finnlandbildes zusammensetzt.
„Fallende Blätter“ hieß sein letzter. In einer Schlüsselszene besucht der einsame, alkoholsüchtige Protagonist eine Bar im Schummerlicht, in der zwei junge Frauen todtraurige Musik machen. In zerknitterten Morgenmänteln stehen sie da, die eine am Keyboard, die andere mit Sonnenbrille und E-Gitarre, und singen auf Finnisch von Depression, Friedhof und Tod. Das machen sie so lakonisch und mimisch unbewegt wie die Bargäste und unser Protagonist – letzterer freilich nur äußerlich, denn man sieht in einer Großaufnahme, wie es in ihm arbeitet. Danach verändert er sein Leben.
Die beiden Musikerinnen sind die Schwestern Anna (Gitarre) und Kaisa (Keyboard) Karjalainen. In Finnland waren sie schon vor Erscheinen des Films Stars: Zwei ihrer bislang drei Alben waren dort Nummer eins in den Charts. Der Film sorgte für überregionale Aufmerksamkeit – so touren sie nach Terminen im letzten Herbst ein zweites Mal in Europa, vor allem in Deutschland (Platz 24 im UN-Report...).
Nummer eins wird selten Musik, die nicht nach Pop klingt. Auch Maustetytöt arbeiten mit Elementen des Mainstream-Pop wie generierten Schlagzeug-Tracks oder Synthesizer-Flächen. Künstlerische Reibung entsteht jedoch durch den Kontrast mit ihren stoischen Kunstfiguren, ihren warmen, melancholischen Stimmen und ihren Texten. Auf Finnisch gesungen, müssen die meisten diese nach den Konzerten nachlesen, die Haltung überträgt sich unmittelbar. In aller Kürze: Auf ihrem ersten Album 2019 drehten sich die Texte um Dekadenz und Trinken, auf dem zweiten 2020 um Gewalt und mentale Gesundheit, auf dem Drittling 2023 um Migration, Flucht und Krieg.
„Wir sind sehr pessimistisch“, sagten sie dem Guardian in einem Interview und führten dies auf ihre Eltern zurück („sie sind sehr pessimistisch und lakonisch“), aber auch auf ihre finnisch geprägte Umgebung. Da ist es doch eine schöne Ironie, dass ihr Bandname Maustetytöt übersetzt „Gewürzmädchen“ heißt, auf Englisch: „Spice Girls“. „Die mochte ich vielleicht, als ich vier war“, so Kaisa. Und jetzt alle! „I'll tell you why I'm sad, why I'm really, really sad ...“
Maustetytöt | Di 26.11. 20 Uhr | Zakk, Düsseldorf | www.zakk.de
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