Wie eine nachhaltige Mobilitätswende nicht gelingt, das stellt derzeit die FDP einmal mehr unter Beweis: Noch vor der Einführung des 49-Euro-Tickets zum 1. Mai eingeführt wurde, waren die Weichen für eine Verteuerung in den kommenden Jahren schon gestellt. Untrüglicher Hinweis ist der Name: Der Fahrschein heißt „Deutschlandticket“. Das klingt einerseits staatstragender, öffnet andererseits aber Preissteigerungen Tür und Tor. Zwar könnten, das Argument zu Ende gedacht, auch Preissenkungen möglich werden – aber wer das glaubt, wird auch selig.
Dagegen spricht vielmehr ein Bericht im Handelsblatt von Mitte Februar. Demnach drängen die Bundesländer im laufenden Gesetzgebungsverfahren darauf, den bundesweiten Einheitstarif im Nah- und Regionalverkehr preislich mit der jeweiligen Haushaltslage oder Nachfragesituation abzustimmen. In einem Änderungsantrag zum Entwurf des sogenannten Regionalisierungsgesetztes heißt es laut dem Blatt: „Der Preis wird in Abstimmung von Bund und Ländern jährlich festgeschrieben.“ Weiter heißt es, dies könne gleich für 2024 erstmals der Fall sein. Dabei beklagen Sozialverbände, dass schon der Starttarif für einkommmensschwache Haushalte viel zu hoch ist.
Ticketpreise & Pünktlichkeit
Dass in Zukunft mehr Menschen auf die Schiene umsteigen hängt nicht allein von Ticketpreisen ab, sondern auch von Pünktlichkeit und Komfort beim Reisen oder Pendeln mit der Bahn. Doch den für 2030 angekündigten „Deutschland-Takt“, der das Bahnfahren revolutionieren sollte, wurde Anfang März vom FDP-geführten Bundesverkehrsministerium auf 2070 (in Worten: Zweitausendsiebzig!) verschoben. Michael Theurer (FDP), Staatsekretär und Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr, sieht im Deutschland-Takt ein „Jahrhundertprojekt“. Tatsächlich war der ursprüngliche Zeithorizont von zwölf Jahren ambitioniert. Schließlich handelt es sich sowohl beim Strecken-Neubau, als auch bei der Erneuerung des maroden Schienennetzes um große Infrastrukturprojekte, deren Planung, Genehmigung und Fertigstellung nicht selten Jahrzehnte dauern kann.
Unverfroren „liberal“
Erstaunlich ist dennoch mit welcher Unverfrorenheit das Verkehrsministerium die Pläne nun stutzt, bekennt sich der Koalitionsvertrag der Ampelregierung aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP doch klar zu mehr klimafreundlicher Mobilität und weniger Straßenverkehr. Denkste, sagt die Fossile-Verbrenner-Lobby-Partei FDP, und hat stattdessen den beschleunigten Ausbau von Straßen und Autobahnen beim Koalitionsgipfel Ende März durchgesetzt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hält den Ausbau für dringend notwendig: Wirtschaftsstandort Deutschland und so. Auch mit Blick auf den Gütertransport spielen Autobahnen laut Wissing eine größere Rolle als der Schienenverkehr. Darum müsse – wie bei erneuerbaren Energien – auch der Ausbau von Autobahnen künftig als von „überragendem öffentlichen Interesse“ behandelt werden. Bundesfinanzminister, FDP-Chef und Porsche-Liebhaber Christian Lindner brachte die zugrundeliegende bestechende „liberale“ Logik wie folgt auf den Punkt: „Nichts ist klimaschädlicher als CO2, das in die Luft gepustet wird und nicht einmal Strecke damit gemacht wird.“ Unter Verkehrs- und Mobilitätsexperten herrscht derweil Konsens, dass sich die Klimaziele nur mit einer vollständigen Neuausrichtung der Verkehrspolitik auf die Schiene verwirklichen lassen. Derzeit hinkt der Verkehrssektor drastisch hinterher: Die Emissionen müssten 14 (in Worten: Vierzehn) mal so schnell sinken wie bisher. 2022 wurde das CO2-Sparziel um elf Millionen Tonnen verfehlt.
VERKEHRSWEGE - Aktiv im Thema
fahrradklima-test.adfc.de/ergebnisse | Wer wissen will, wie fahrradfreundlich deutsche Städte sind, kann die interaktive Karte des ADFC zu Rate ziehen.
radkomm.de | Der „Think Tank für urbane nachhaltige Mobilität und Stadtentwicklung“ will zugunsten des Fuß- und Fahradverkehrs den Autoverkehr eindämmen.
changing-cities.org | Die „unabhängige Bewegung für die bessere Stadt“ setzt sich für eine bessere Mobilität, besonders fürs Fahrrad, ein.
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