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Seit 2016 in Wuppertal: Jassem Al Abd Alokla
Foto: Stephanie Spichala

„Meine Kinder können hier viel lernen“

25. Januar 2018

Jassem Al Abd Alokla, Koch und Familienvater aus Syrien – Heimat Wuppertal 02/18

Ich liebe Wuppertal, die Schwebebahn und den Fluss. Meine Heimatstadt Deir ez-Zor in Syrien liegt auch an einem Fluss, allerdings ist er 800 Meter breit. Meine Stadt ist dadurch doppelt geteilt: Die eine Flussseite ist Assad-Gebiet, die andere ist gegen Assads Regime. Viele Regimegegner haben versucht, auf die andere Seite zu fliehen, aber die Bomber von Assad und Russland haben das nicht zugelassen, 600 Menschen sind gestorben. Der Fluss war rot vom Blut. In meiner Stadt ist sehr viel zerstört, auch mein Haus und meine Straße. Ich habe oft keinen Kontakt zu meinen Geschwistern und Nachbarn, die noch in Syrien sind. Unsere Familie steht auf der Abschuss-Liste des Assad-Regimes. Weder Telefon noch Internet funktionieren. Wenn sie mich anrufen wollen, müssen sie sehr weit fahren, um eine Verbindung zu bekommen.

Mein Bruder, bei dem ich mit 10 Jahren angefangen habe, im Imbiss zu arbeiten, ist seit vier Jahren im Gefängnis des Regimes. Ich denke, er ist inzwischen tot. Auch ein anderer Bruder von mir ist im Krieg gestorben. Ich habe 13 Geschwister. Fünf leben noch in Syrien, in Camps. Ich wollte mit meiner Familie in eine sichere Stadt. Wir flüchteten zuerst in den Libanon, doch auch dort war es gefährlich. Die Hisbollah arbeitet für das Assad-Regime, sie haben uns bedroht und unser Haus zerstört. Wir sind dann in die Türkei. Aber für 13 Stunden Arbeit gab es nur sehr wenig Geld, damit konnte ich meine Familie nicht ernähren. Ich habe fünf Kinder, die Jüngste wurde in Wuppertal geboren. Ich bin zuerst nur mit meinem Sohn Oseid nach Deutschland gekommen. Anfang September 2015 kam ich in München an. Es war toll, wie uns die Menschen willkommen geheißen haben, mit Blumen und Schokolade. Über Chemnitz, Meißen und Plauen bin ich im Januar 2016 schließlich nach Wuppertal gekommen. Ein paar Monate später kam meine Familie hinterher. Hier sind die Menschen viel freundlicher als in den letzten Städten, ich habe wirklich Glück gehabt.

In meiner Heimatstadt habe ich bei meinem Bruder in Syrien im Imbiss gearbeitet, bis ich zum Militär musste. Später habe ich dann im Libanon in arabischen Restaurants gearbeitet. Die letzten zwei Jahre hatte ich auch schon ein eigenes Restaurant. Das wünsche ich mir auch in Wuppertal. Ich habe den B1-Kurs fertig gemacht und mache gerade den Führerschein. Ein eigenes Restaurant ist sehr teuer, aber ich habe Ideen, wie ich anfangen kann. Bis das geht, mache ich viel ehrenamtlich, zum Beispiel als Co-Leiter der Kochgruppe der Wuppertaler Weiße Herzen. Die Initiative arbeitet mit der Flüchtlingshilfe Nordstadt zusammen. Und ich helfe einem Freund im „Östlichen Imbiss“ in Wupperfeld.

Meine Kinder können später selbst entscheiden, wo sie leben möchten. Ich möchte, dass sie lernen, was Demokratie ist, deutsches Recht. Und eine Polizei kennen, die nicht bestechlich ist. In Syrien klauen manche Kinder, einfach weil sie Hunger haben. Ich möchte nicht, dass meine Kinder sich das abgucken. Ich glaube, es wird sehr lange dauern, bis man wirklich ohne Gefahr nach Syrien zurück kann. Meine Kinder können hier auch in der Schule lernen, wie Deutschland nach dem 2. Weltkrieg wieder aufgebaut wurde. Trotzdem habe ich viel Heimweh.

Ich mag Fußball und ich spiele gerne Schach. Neben einem eigenen Restaurant wünsche ich mir zuerst eine Arbeit, durch die ich nicht mehr auf das Jobcenter angewiesen bin. Und eine größere Wohnung, wir leben mit sieben Personen auf 49 Quadratmetern. Aber vor allem wünsche ich mir Frieden für meine Heimat.

Zur Person
Jassem Al Abd Alokla (36) wohnt mit seiner Familie in Elberfeld. Ein Großteil der fünf Kinder geht in den Kindergarten und die Schule. Er arbeitet als Koch und möchte ein syrisches Restaurant eröffnen.

Jassem Al Abd Alokla

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