Wer vermutet hatte, dass beim dritten Pflasterstrand Open-Air schon die Luft raus sei, hat sich ordentlich getäuscht. Nicht nur dem herrlichen Wetter, sondern auch der großartigen Musikauswahl ist ein gelungenes Konzert geschuldet. Die teils mit Teppichen ausstaffierte und in rotes und grünes Licht getauchte Bühne verbreitet eine gemütliche Wohnzimmer-Atmosphäre. Die Zuschauer finden auf Ledersofas und an kleinen Tischen Platz, doch den besten Ausblick bieten die Treppenstufen zum Haus der Jugend, von wo aus man den ganzen Platz überblicken kann. Das Line-Up präsentiert sich gemischt: Neben souligen Coverversionen glänzen Ska-verfeinerte Pop-Punk-Sounds und starke, raue Stimmen zu Gitarrenklängen.
Bereits die erste Band, Anything Goes, legt ein hohes Niveau vor. Jüngst gegründet und daher noch neu auf der Bühne kann das Trio mit überraschend stimmigen und individuell-gefärbten Covern großer Künstler wie Asaf Avidan oder Joan Osbourne aufwarten. Die starke Stimme von Frontfrau Stella Knaub wird dabei von Gitarrist Johannes Dietsch und Jakob Jentgens unterstützt, der neben verschiedensten Instrumenten auch mal einen Koffer als Percussion-Instrument benutzt oder zur Melodica greift.
Mit seiner Premiere als Solokünstler wagt sich Timo Xanke von Eyesclosed auf für ihn bis dato ungewohntes Terrain: Als Singer-Songwriter zeigt er sich nicht wie sonst laut und mit harten Gitarrenklängen, sondern eher gefühlvoll und melodisch. Besonders überraschend ist das Adele-Cover „Someone Like You“, bei dem er zugibt: „Das ist eigentlich gar nicht meine Musikrichtung.“ Trotzdem gelingt ihm eine gute Interpretation, ohne dabei kitschig oder peinlich zu wirken.
Dank der Pop-Punk-Formation Pariah Disaster bekommt das Konzert einen guten Schuss Lautstärke mit Ska-Einflüssen und sogar einer a capella-Einlage. Sympathisch wirken vor allem die kreativen Ideen: Ein Xylophon kommt ebenso zum Einsatz wie eine Zeitung, die von Schlagzeuger Nico Stolte zum Song „Anytime“ bedächtig auseinandergerupft wird.
Roman Symanski, der sich in Wuppertal bereits als Solokünstler oder mit seiner Band This Aint Life einen Namen gemacht hat, besticht mit seiner rauen, starken Stimme, die vor allem in den Höhen ihre volle Kraft entfaltet. Lediglich mit Akustikgitarre und Mundharmonika ausgerüstet, spielt er überwiegend eigene Stücke in Deutsch und Englisch, doch auch das Cover „Too Close“ von Alex Clare vermag Begeisterung auszulösen.
Überhaupt sind Akustikgitarren an diesem Nachmittag das Mittel der Wahl: Sängerin Franzi Rockzz, im Rock/Pop-Bereich zuhause, greift ebenfalls zur Klampfe und schmettert Songs von Johnny Cash und Janis Joplin, was bei ihrer rauchigen Stimme besonders gut ankommt. Zum Mitklatschen wird das Publikum bei „Mercedes Benz“ aufgefordert, das einzige Lied ohne Gitarren-Begleitung.
Nach etwa drei Stunden kehrt langsam wieder Ruhe ein am Geschwister-Scholl-Platz in Barmen. Für die Künstler gibt es allerdings noch ein kleines Andenken: Einen vergoldeten Pflasterstein – natürlich vom Pflasterstrand. Wer will, kann nun via Internet seinen Lieblings-Act wählen, der dann bei Best of Pflasterstrand am 31. August noch einmal auf die Bühne, oder besser gesagt, auf den Teppich zurückkehren darf.
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