In diesem Jahr feiert Wuppertals weit über die Stadtgrenzen hinaus bekanntes Kommunikationszentrum Die Börse seinen 50. Geburtstag. Unter anderem beschenkt es sich selbst, indem es sich aufs Jahr verteilt international renommierte Musiker eingeladen hat, die dort bereits aufgetreten sind. Einer von ihnen ist Jasper van’t Hof. Er spielte schon vor Jahrzehnten in dieser Einrichtung, als sie noch in der Viehhofstraße zu Hause war. Nun kommt er mit seinem neuen Quartett in die jetzige Wirkungsstätte an der Wolkenburg, um für einen umjubelten Abend zu sorgen.
Musikgeschichte
Zweifelsohne zählt Jasper van’t Hof, der in diesem Sommer 77 Jahre alt wird, zu den bedeutendsten Jazzpianisten Europas. Musikgeschichte hat er geschrieben. Erstes großes Aufsehen erregte er in den 1970er Jahren mit der Formation „Association PC“. Fortan war sein Name international in aller Munde. Auch ein paar Jahre später setzte er mit der Band „Pork Pie“ in Sachen Jazzrock mit großen Ausflügen in die frei improvisierte Musik Maßstäbe. Dann, ab etwa Mitte der 1980er Jahre hatte er mit seinen „Pili-Pili“-Projekten wesentlichen Anteil daran, dass die Sparte Weltmusik hoffähig wurde. Endlos ist die Liste an weltberühmten Musikergrößen, mit denen er auf der Bühne stand.
Erstklassige Musiker hat er auch dieses Mal um sich geschart. Zum einen ist es Christof Lauer. Er gehört mit zu den wichtigen europäischen Saxophonisten. Bis zu seiner Pensionierung war er Solist in der NDR Bigband, war als Nachfolger von Charlie Mariano Mitglied des „United Jazz and Rock Ensemble“, spielte mit Albert Mangelsdorff, Bob Degen oder Michel Godard. Zum anderen sind es Stefan Lievestro am Kontrabass und Schlagzeuger Jamie Peet. Beide sind in ihrer niederländischen Heimat große Nummern. Auch in deren Lebensläufen stehen in der Jazzszene allseits bekannte Namen, mit denen sie zusammenarbeiteten.
Von Swing bis Free Jazz
Soeben hat das Quartett sein Debutalbum „Skin Under“ auf den Markt gebracht, womit es sich nun auf Konzertreise befindet. Natürlich werden viele Stücke, die auf der CD verewigt sind, gespielt: „Fleur Protégée“, „Skin Under“, „That Blue Wonder“ „Associations”, „Marsch für Oelze“. Kurze Anekdoten erzählt van‘t Hof über deren Entstehung, beispielsweise das Blaue Wunder in Dresden erlebt zu haben oder über die Reminiszenz an seine erste oben erwähnte Band.
Der Eindruck ist nicht von der Hand zu weisen, dass das Quartett im Verlauf des kurzweiligen Abends van‘t Hofs musikalische Stationen Revue passieren lässt. Alle Stile waren dabei, mit denen er sich von früh an beschäftigt hat: Swing, Bebop, Cool Jazz, Hard Bop und Free Jazz. Traumhaft sicher, als würden sie schon lange miteinander musizieren, spielen die vier Musiker intensiv und dicht zusammen. Melodische, lyrische Linien werden mit großen Spannungsbögen zu Gehör gebracht. Ruhige, kontemplative Abschnitte wechseln geschickt mit forsch-quirlig-schnellen Passagen. Dabei faszinieren bei ihren Soli van’t Hofs kreative Akkordrückungen mit wieselflinkem Skalenspiel, Lauer am Tenor- und Sopransaxophon jenseits jedweder Tonalität mit markigen hochvirtuosen, teils überblasenen Tonfolgen, Lievestro mit höchst variablem Umgang mit seinem Instrument und Peet mit in allen Belangen fetzig-groovigem wie sensibel-dezentem Umgang mit Trommeln und Becken.
Klangprobleme
Diese erstklassige Veranstaltung wird leider von einem Sound getrübt, der teilweise als unterirdisch bezeichnet werden kann. Etwa klingt der Flügel gerade in der Mittellage derart hohl (wie aus der Röhre kommend), als würde der Pianist an einem E-Piano sitzen, das nur über vorsintflutliche Samples verfügt. Kann es daran liegen, dass die beiden zur Verstärkung dienenden Mikrophone ganz unterschiedlichen Klangcharakters und verschiedener Bauweise (vom Typ her Klein- bzw. Großmembranen) sehr fragwürdig direkt nebeneinander ganz hinten über dem Resonanzboden aufgestellt und fahrlässig ausgesteuert sind? Auch sind die Lautsprecher der Beschallungsanlage in ihrer Grundausrichtung sehr basslastig. Sie sind gerade für Rock-, Pop und gerade Heavy-Metal-Konzerte ausgelegt. Werden stattdessen Unplugged-Instrumente durch die Mittel- und Tieftöner geschickt, müssten zumindest die Equalizer der Anlage dementsprechend eingestellt werden. Bereits die Hintergrundmusik vor dem Event wummert in den tiefen Tonregionen. Schlimm war der Sound des Kontrabasses gerade in der ersten Konzerthälfte, wenn die tiefen Saiten in Anspruch genommen wurden. Er klang dann wie ein billiger, fetter bundloser E-Bass mit über Gebühr verstärkten tiefen Frequenzen. Nur ein wenig besser klingt er nach der Pause. Saxophone und Schlagzeug kommen recht ausgewogen über die Bühne. Mit einem passendem Mikrophon an den Holzblasinstrumenten und den beiden Overheads über den Drums kann auch nicht sonderlich viel falsch gemacht werden. Außerdem waren die Musiker über die Bühnenbeschallung nicht glücklich. Einmal unterbricht sogar deswegen van’t Hof das Konzert. Auch während seines Klavierspiels gibt er dem Tontechniker mehr als einmal Anweisungen, der neben ihm hinter dem Vorhang steht.
Das Publikum lässt sich aber wegen dieser akustischen Mängel die gute Laune nicht verderben. Mit frenetischem Beifall werden die vier Musiker gefeiert. Gerade die diejenigen, die seit Jahrzehnten Fans von Jasper van’t Hof sind, ziehen schließlich selig von dannen.
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