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30. Juli 2015

Menschenrechtsorganisationen leisten Widerstand – Thema 08/15 Digitalis

Eine von der EU-Kommission beschlossene Richtlinie verpflichtete schon 2006 alle Mitgliedstaaten zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung (VDS). Im April letzten Jahres bestätigte der Europäische Gerichtshof jedoch zahlreiche nationale Verfassungsgerichte, darunter auch das deutsche, welche die eingeführte Massenspeicherung als Grundrechtsbruch begriffen und somit für ungültig erklärt hatten.

Schall und Rauch – durch die NSA lief und läuft die Massenüberwachung ungehindert weiter. So konnte Norwegen 2011, damals noch ohne nationale Gesetzgebung zur VDP, Verbindungsdaten des Attentäters Anders Breivik beim US-Geheimdienst einsehen – nachdem Breivik sein Blutbad ausgeführt hatte.

Seit den Attentaten von Paris im Januar dieses Jahres verzichtet kaum eine Regierung freiwillig auf die Chance, ihre Bürger (wieder) per Gesetz auszuspähen. Wer glaubt, die Maßnahme diene ausschließlich der Abwehr terroristischer Aktivitäten, befürwortet wohl auch ein Bargeldverbot im Namen der Schwarzmarktbekämpfung.

Der Münchener Jurist und Journalist Heribert Prantl bringt die unheilvolle Wirkung der totalen Überwachung in seiner Laudatio anlässlich der Verleihung des Geschwister-Scholl-Preises an Whistleblower Glenn Greenwald 2014 auf den Punkt: „Wer überwacht wird, verhält sich konform. Das ist die Gefahr der Massenüberwachung. Sie erzieht zur Konformität. Sie kultiviert vorauseilenden Gehorsam. Sie züchtet Selbstzensur.“

Studien belegen, dass angesichts der Überwachung unseres Datenverkehrs potentielle Whistleblower die Kontaktaufnahme zu Journalisten scheuen, während diese pikante Recherchen oftmals nicht weiter betreiben.

Immer wieder geraten daher zivilrechtliche Organisationen ins Visier der Präventivfahnder. Seit Juni steht fest, dass Amnesty International vom britischen Geheimdienst und Reporter ohne Grenzen vom deutschen Bundesnachrichtendienst rechtswidrig belauscht worden sind.

Beide Organisationen empfangen ihre Nachrichten nicht aus den politischen PR-Abteilungen Washingtons, Brüssels oder Berlins, sondern bewegen sich am Rande des Imperiums; sprich dort, wo gefoltert wurde oder wird, dort, wo die Drohnenbomben fallen. Nichts ist schädlicher für die sogenannte westliche Wertegemeinschaft, als ein ungeschönter Blick auf die Spuren ihrer Verbrechen.

Amnesty International dürfte gegen den britischen Geheimdienst rechtliche Schritte einleiten. Die Menschenrechtsorganisation zog schon vergangenes Jahr vor den Europäischen Gerichtshof für Menschrechte, um der Totalüberwachung die Stirn zu bieten. Reporter ohne Grenzen hat bereits Klage gegen den Bundesnachrichtendienst mit der Begründung eingereicht, ausgespäht zu werden „beeinträchtigt massiv unsere Arbeit und verletzt unsere Interessen“. Von Angela Merkel oder Francois Hollande – beide selbst auf der Liste von US-Geheimdiensten – hört man so etwas nie.


Aktiv im Thema
www.freiherr-knigge.de | Webseite von Benimm-Berater Moritz Freiherr Knigge
www.bündnis-gegen-cybermobbing.de | Verein Bündnis gegen Cybermobbing
www.bka.de | Das Bundeskriminalamt bietet Infos zu Internetkriminalität

Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und choices.de/thema

WELTENKINDER – Was bedeutet Kindsein heute? (Thema im September)
AutorInnen, Infos, Texte, Fotos, Links, Meinungen...
gerne an meinung@engels-kultur.de

Tino Perlick

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