In der griechischen Sagenwelt ist Phaedra die Gemahlin des Königs von Athen, Theseus. Als der in der Unterwelt verschwunden ist, verliebt sie sich in seinen Stiefsohn Hippolytos. Ihr Wunsch ist es, dass er die Stelle des Königs einnimmt. Doch er weist sie und ihr Begehren zurück. Das will sie sich nicht gefallen lassen und schmiedet mit ihrer Amme einen teuflischen Plan. Als Theseus unerwartet wieder erscheint, wirft sie Hippolytos Vergewaltigung vor und droht, sich umzubringen. Daraufhin verflucht der König seinen Stiefsohn, der von Theseus Vater Neptun getötet wird. Als Phaedra das Drama mitbekommt, bekennt sie ihre Lüge und begeht Selbstmord.
Die auf dem antiken Mythos basierende Tragödie „Phaedra“ von Seneca dem Jüngeren (1 bis 65 n. Chr.) bildet nun die Grundlage für eine neue Bühnenbearbeitung, für die Wuppertals Schauspielintendant Thomas Braus sowie das Duo Thusnelda Mercy und Pascal Merighi von der Tanz Station Barmer Bahnhof verantwortlich zeichnen. Man beabsichtigt, die Geschichte nicht nur einfach nachzuzeichnen, sondern auch ihren Bezug zur Natur herauszustellen. Dieser Blickwinkel kommt wohl nicht von ungefähr, da laut Seneca Hippolytos nur ein Leben in der Natur Freiheit biete. Auch soll der Tanz eine Rolle spielen. Neben den drei Protagonisten erscheint zudem ein Clownschor auf der Bühne.
Der Phaedra-Mythos wurde in seiner über 2000-jährigen Existenz immer wieder künstlerisch verarbeitet. Unter anderem hat ihn in der Antike der römische Dichter Ovid (43 v. Chr. bis 17 n. Chr.) in seinen „Heroides“ und den „Metamorphosen“ verarbeitet. Bereits bekannt war damals die zweite Version der Tragödie „Der bekränzte Hippolytos“ aus dem Jahr 428 v. Chr. aus der Feder des griechischen Dramatikers Euripides (480 v. Chr. oder 485/484 v. Chr. bis 406 v. Chr.). Er stellte den Konflikt zwischen den Gottheiten Artemis und Aphrodite in den Mittelpunkt, wobei die Figuren als deren Spielbälle behandelt werden. Daran knüpft Seneca an. Der antike römische Philosoph, Dramatiker, Stoiker und Erzieher des späteren Kaisers Nero, der einer der reichsten und mächtigsten Männer seiner Zeit war, stellt Phaedra bewusster und direkter in ihren Handlungen dar. Diese im Jahr 54 n. Chr. entstandene Fassung war die Grundlage für zahlreiche Nachdichtungen im 16. und 17. Jahrhundert. Auch im 20. Jahrhundert wurden Phaedra-Bearbeitungen angefertigt.
Phaedra | 27. (P), 28.4., 2., 31.5., 1., 16.6., 5.7. | Theater am Engelsgarten, Wuppertal | www.schauspiel-wuppertal.de
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