Wenn es auf der Opernbühne exotisch zugeht, spielt Authentizität meist keine große Rolle. Hauptsache, die Exoten haben bunte Kostüme an und entsprechen halbwegs den Klischees und Erwartungen des Publikums. Schließlich hielten es die Komponisten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in ihren Partituren ähnlich: Einige Versatzstücke einer fremden Musikspähre reichten ihnen, um für europäische Ohren eine überzeugende exotische Stimmung zu erzeugen.
Für die „leichte Muse“ der Operette gilt das noch einmal im Besonderen. Bei einem Stück wie Franz Lehárs „Das Land des Lächelns“ rechnet niemand mit einer historisch exakt untermauerten Aufführung. Guy Montavon, Theater-Intendant und Regisseur in Erfurt, hat es dennoch getan. In einer Koproduktion mit der Oper Hongkong ließ er 2015 ein höfisches China des frühen 20. Jahrhunderts auf die Bühne bringen und scheute dabei keinen Aufwand. Drei Jahre später hat auch die Oper Wuppertal die überaus erfolgreiche Produktion übernommen.
Spätestens zum zweiten Akt ist auch in Wuppertal klar: Diese Kulisse verfehlt ihre Wirkung nicht. Szenenapplaus, nur weil sich der Vorhang geöffnet hat, das kommt wahrlich selten vor. Denn Sebastian Campione, der als gestrenger Oheim Tschang mit grimmig geschminktem Gesicht da auf der Bühne steht, hat noch keinen einzigen Ton von sich gegeben. So kann das Bühnenbild der taiwanesischen Ausstatterin Hsiu-Chin Tsai in Ruhe seine Wirkung entfalten. Auch ihre Kostüme wie die detailreichen Uniformen der Wachsoldaten mit ihren spitzen Helmen und aufwendig bestickten Standarten sind echte Hingucker.
Erkauft wird diese Opulenz durch eine recht statische Inszenierung Montavons. Doch das fällt bei diesem Stück nicht allzu sehr ins Gewicht, besonders viel Action ist eh nicht enthalten. Schließlich steht die komplikationsreiche österreichisch-chinesische Liebesgeschichte von Lisa und Sou-Chong im Mittelpunkt. Letztlich reißt auch die hervorragende Besetzung vieles wieder raus. Ralitsa Ralinova als Lisa und Sangmin Jeon als Prinz Sou-Chong haben in den gesprochenen Dialogen ein wenig mit ihren Akzenten zu kämpfen, meistern sie aber insgesamt sehr charmant und gut verständlich. Singend allerdings liegt ihnen das Publikum prompt zu Füßen. Beide Stimmen klingen jugendlich vital und strahlend, verfügen über Kraft und Geschmeidigkeit. Jeon hat auch als Darsteller das rechte heldische Charisma.
Musikalisch ist dieser Operettenabend durchweg eine Freude. Johannes Pell, der junge Erste Kapellmeister, dirigiert die vielen schwelgerischen Ohrwurmarien und -duette mit großem Elan, kostet auch die klanglichen Exotismen vom chinesischen Gong bis zu den pentatonischen Melodien mit Feinsinn aus. Während die Protagonisten der Liebesgeschichte zu einem tragischen Ende verurteilt sind, fällt das Humoristische vor allen der Koloratursopranistin Nina Koufochristou als Prinzessin Mi zu, die ihre Rolle – unter anderem mit einem eher züchtigen „Striptease“ – sehr charmant ausfüllt. An ihrer Seite gibt Marco Agostini den jungen Grafen Ferdinand mit schön leichtem Operettentenor. Als einziges tiefes Timbre darf Bariton Campione den gnadenlosen Sittenwächter Tschang mit großer Autorität geben.
Das Premierenpublikum zeigte sich am Ende rundum begeistert.
„Das Land des Lächelns“ | R: Guy Montavon | 13., 17., 30.11., 15., 28.12. 19.30 Uhr | Opernhaus Wuppertal | www.oper-wuppertal.de
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