20 Minuten vor Beginn des Konzertes sah das Foyer des Kleinen Schauspielhauses in Wuppertal noch recht einladend aus. Zahlreiche, in Reihen aufgestellte metallene Stühle und wenige Tische im vorderen Bereich vermittelten den Versuch, hier eine Jazz-Café-Atmosphäre aufkommen zu lassen. Als Wolfgang Schmidtke und Peter Brötzmann dann die Bühne betraten, waren die Stühle vergeben, der Ausgang nicht mehr zu sehen und das zahlreich versammelte und dicht gedrängte Publikum in gespannter Erwartung.
Aber auch für diejenigen, die Brötzmann und Schmidtke schon öfters gesehen haben, dürfte es ein eigenartiges Erlebnis gewesen sein. Die beiden Wuppertaler Jazz-Recken boten eine gut 70minütige Show, von der man im Nachhinein nicht weiß, ob sie eine raffiniert umgesetzte Idee zweier experimentierfreudiger Musiker war oder doch die zu radikal reduzierte Form des ohnehin kompromisslosen Free-Jazz. Das Spiel der beiden war von Anbeginn an mehr eine intensive akustische Erfahrung denn ein Samstagabendvergnügen. So viel Penetranz kann den Unterschied zwischen Kunst und Unterhaltung ausmachen.
Besonders spannend war aber zu sehen, wie sich beide, die sich schon seit Jahren kennen, in den Improvisationen ergänzten. Free-Jazz ist nicht nur synonym für ein energisches Kaputtspielen melodiöser Standards. Im ersten Teil setzte Brötzmann, häufig mit dem Sopransaxophon, leise aufkommende Tonfolgen, die sich, zigmal wiederholt, wie ein Loop in die Improvisationen Schmidtkes drängten. Mehrfach endete dies während des ersten, sehr langen Stückes in einem gegenseitigen Kraftakt aus zersprengten Melodien und Tonfetzen.
Beeindruckend waren auch die Soundcollagen in der zweiten Hälfte des Konzertes. So variierten sie zwischen Alt-, Sopran- und Tenorsaxophon und degenerierten auch die Klarinette in ihrer Fähigkeit zu melodiösen Schleifen zu einem Geräuschproduzenten. Keine Frage: Im energetischen Spiel fusionierten beide zu einem Kraftwerk, das den bloßen Tönen als individuellen Störfaktoren mehr Raum zukommen lassen wollte. In diesem Sinne kann man die häufig bemühte Verbindung zwischen Free Jazz und sozialer Aussage herstellen, gerade heute, im Zeitalter der Systemkrisen und -fragen, die angeblich nur systemintern zu klären sind.
Vielleicht wäre das ein oder andere ans Publikum gerichtete Wort eine Hilfe gewesen, um etwas Distanz zwischen einander abzubauen. Aber da sowohl Schmidtke wie auch Brötzmann in ihrem Element blieben und mit diesem sprachen, blieb der Eindruck vom Besuch in einem Kraftwerk eher hängen als der vom Jazz-Café.
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