Beate Schroedl-Baurmeister zeigt bis zum 24. November ihre übermannshohe Edelstahlskulptur „Momentum“ auf der 60. Kunstbiennale in Venedig.
engels: Frau Schroedl-Baurmeister, wie viele Wuppertaler Künstler waren vor Ihnen auf der Kunstbiennale in Venedig vertreten?
Beate Schroedl-Baurmeister: Das weiß ich gar nicht, aber meines Wissens Tony Cragg.
Wie kam es zu dieser Einladung und was bedeutet diese Plattform für Sie als Künstlerin?
Ich wurde vom Europäischen Kulturzentrum über meine persönliche E-Mail-Adresse eingeladen. Vermutlich haben sie mich über meine Webseite gefunden, denn dort wird auch von meiner Teilnahme auf der Florenz Biennale berichtet, bei der ich bereits einen begehrten Skulpturenpreis gewonnen habe.
Wurde „Momentum“ eigens für diesen Anlass geschaffen? Wie lange dauerte der Entstehungsprozess und gab es besondere Herausforderungen?
Nein. Momentum wurde eigentlich für den Wupperpark West geschaffen. Seit 2014 habe ich die Idee, dort eine zwölf Meter hohe Edelstahlkonstruktion aufzustellen. Um für diese Idee zu werben und die Wuppertaler Bürger mit einzubeziehen, habe ich dieses Modell geschaffen. Es wurde unter dem Titel „Momentum on the move“ in Wuppertal bereits an vier Orten ausgestellt.
Die große Schwester Ihres Werks soll also das Islandufer verschönern. Wie weit sind Sie bereits mit der Planung vorangekommen?
Wir haben vorläufig einen neuen Platz gefunden, in den privaten Barmer Anlagen. Mit Ende der Biennale im November 2024 wird eine Vergrößerung in Auftrag gegeben.
Was ist das Thema Ihrer Arbeit? Was bedeutet „Momentum“ für Sie?
Momentum bedeutet für mich Schwung, Dynamik, Leichtigkeit und Aufbruch. Es ist ein Werk, das in der Auseinandersetzung mit dem Tanztheater von Pina Bausch und dem aktuellen gesellschaftlichen Wandel entstand und konzentriert sich auf das Wesentliche.
Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach zeitgenössische Bildhauerei in der heutigen Kunstlandschaft, insbesondere auf internationalen Ausstellungen wie der Biennale?
Sie ist eine wesentliche Kulturtechnik, die im öffentlichen Raum wirksam wird und als Kristallisationspunkt für den Zusammenhalt einer demokratischen Gesellschaft dienen kann.
Zur Biennale-Eröffnung im April waren Sie selbst in Venedig. Was macht den Präsentationsort Ihrer Skulptur, die Marinaressa-Gärten, so besonders für Sie?
In den Marinaressa-Gärten, direkt an Ufernähe, in einem Olivenhain, zwischen den Haltestellen Arsenale und Giardini wurde mir ein für mich sehr attraktiver Platz mit ruhigem Hintergrund angeboten. Zugunsten des Parkensembles habe ich mich dann entschieden, nur das Model aufzustellen. Der Park ist ein Ort der Ruhe in einem lebendigen Venedig und wird von vielen Besuchern aufgesucht. Dadurch ergaben sich viele Dialoge über Kunst und Gesellschaft. Ich war sehr berührt, wie interessiert, offen und sensibel die Menschen auf meine Kunst reagiert haben.
Gab es Werke anderer Künstler oder Künstlerinnen auf der Biennale, die Sie besonders beeindruckt haben?
Ja, in meiner direkten Umgebung stellten spannende Künstler aus, mit denen ich immer noch in Kontakt stehe.
Seit 1988 leben und arbeiten Sie in Wuppertal. Was hat sie zu diesem Schritt bewegt und was schätzen Sie an der Stadt im Tal?
Mein Mann ist aus beruflichen Gründen nach Wuppertal gekommen. 1986 haben wir hier geheiratet und zwei Jahre später bin ich nachgezogen. Wir haben mittlerweile ein großes Netzwerk an kulturschaffenden Persönlichkeiten aufgebaut und sind fasziniert, in diesem Kontext stets neue Kulturaktivitäten zu entdecken.
Für die Stadt Wuppertal haben Sie mit Ihrer Skulptur „Schwung“ die Auszeichnung gestaltet, die seit 2003 jährlich den Preisträgern des Wuppertaler Wirtschaftspreises überreicht wird. Wie kam es dazu?
Der damalige Geschäftsführer lernte mich kennen und besuchte mein Atelier. Dort wurde dann später von einer Jury die Arbeit „Schwung“ für den Wirtschaftspreis ausgesucht.
Haben Sie einen Lieblingsort in Wuppertal, an den Sie sich gerne zurückziehen?
Mein Atelier ist einer meiner Lieblingsorte sowie der Park auf der Rückseite unserer Wohnung, in dem auch einige meiner Arbeiten stehen.
Wo finden Sie Inspiration und neue Ideen für Ihre Arbeit?
In der Natur, im Theater und im Kontakt mit Menschen.
Seit wann arbeiten Sie mit Edelstahl und was ist für Sie der Reiz an diesem Material?
Edelstahl ist für den Innen- und Außenraum geeignet. Das war für mich ein wesentlicher Grund, da ich in zukünftigen Ausstellungen unabhängig sein wollte: Es ist in Form und Oberfläche gestaltbar und beständig.
Was kommt nach der Biennale? Haben Sie bereits neue Projekte oder Ausstellungen geplant?
In Europa gibt es zahlreiche Orte, an denen meine Skulpturen im öffentlichen Raum präsentiert werden können. Wir sind im Gespräch mit Veranstaltern für 2025 bis 2027.
Welche Tipps oder Ratschläge würden Sie einer angehenden Bildhauerin mit auf den Weg geben?
Entwickle einen langen Atem und lass dir Zeit, dich und deine Kunst zu entfalten. Entscheidend ist, überzeugend in seiner Arbeit zu sein.
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