Drei Clowns fahren mitten in einer verlassenen Bankfiliale in die Hölle. Zuvor haben sie sich noch über die aktuelle Entwicklung der Finanzkrise echauffiert, dass die kriminellen Verursacher mildernde Umstände für sich reklamieren. Ach ja, die Kleinanleger. Und die Bosse. Die Kleinen hängt man, die Großen werden immer reicher. Das ist lustig, wenn auch nicht neu. Der Wuppertaler Schauspielintendant Christian von Treskow inszeniert „Die Kontrakte des Kaufmanns“, eine Wirtschaftskomödie von Elfriede Jelinek, in schönen Bildern, ohne die ganz große Mystifizierung.
Es geht um ein Konstrukt, das einst den Tauschhandel abgelöst hat und sich im Laufe der Jahrtausende zu einer eigenständigen Papier-Existenz verwandelt hat, die mit Nichts gefüttert, dennoch Profite erwirtschaftet. Ein Geld zahlt heute für das andere. Aber Geld ist nicht mehr sicher, Geld ist Gott, es wird immer wieder investiert ins Nichts. Das ist gläubige Kausalität, kein Tauschhandel mehr, die Gierigen werden bestraft, die Strippenzieher belohnt. Es bleibt das Heer der Kleinanleger, entblößt von jeglichem Besitz, auch das letzte Hemd ist futsch.Es tritt auf der Chor der sich selbst Betrogenen: Wir haben keinen Erlös (auch keine Erlösung), die Risiken der Kredite kamen zurück, sie waren nie fort, der Griff ins Nichts führt eben zu nichts. „Wir Arme werden jetzt reich ohne unsere Hände Arbeit“ – nichts ist nichts, bleibt nichts, angeschmiert. Und wer sich wehrt, wird niedergeknüppelt, ob Staatsmacht oder Private Security, spielt dabei keine Rolle. Weg mit den Kreditunwürdigen, die Bühne wird aufgeräumt, die Bank ist wieder da. Alle großen Dinge sind einfach, aber einfache Dinge sind nicht immer großartig, schon gar nicht, wenn sie nur forderungsgesicherte Papiere sind. Von Treskow choreografiert seine bekannt guten zehn Schauspieler gekonnt über die ziemlich leere Bühne, Sprachpassagen im Chor, aus allen Ecken und der Lautsprecheranlage forcieren sie den interessant gekürzten Text Jelineks lustig, aber eben nicht zum Lachen. Vom Fachchinesisch der Bänker wird manchem Theatergänger vielleicht verborgen bleiben, was den Insider zusätzlich schmunzeln lässt, doch das tut der Geschichte ums schnöde Geld und den Umgang damit keinen Abbruch. Mit dem Zertifikat um den Hals fallen sie, der Hoffnungs-Stein sinkt, sie sinken mit.
„Wir sind es nicht“. Das ist der Satz, der die nächsten Szenen beherrscht. Wer keine Verantwortung hat, muss sie auch nicht tragen, die Bänker sind Psychos und alle fallen darauf rein, machen ihr Blendwerk erst möglich. Die Geldvernichter hüpfen derweil auf Springbällen über die Bühne, kichern, kreischen, Bohrmaschinen surren, „Ihr Geld hat abgenommen“ säuseln sie, denn je häufiger es sich selbst zahlt, desto weniger wird es. Die Inszenierung hat schwächere Bilder; gelungen ist das tänzerische Märchen vom Taler, der wandert, der Todesmarsch der Musiker, der Chor der Werktätigen und die ironische Tafel: Geld ist nicht alles. Das fordert die Kirche auf den Plan. Ein stummer Reigen performt die bekannten Rituale: Auch der Talar wandert, bis er pleite ist. Niemandem gehört jetzt nichts mehr. Das Premierenpublikum amüsierte sich jedenfalls, betrachten wir das höhnisch auch als Sarkasmus.
„Die Kontrakte des Kaufmanns“ I So, 13.11., 18 Uhr I Opernhaus Wuppertal I 0202 569 44 44
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