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Didier Vermeiren, Ausstellungsansicht Pavillon Skulpturenpark Waldfrieden, © Didier Vermeiren
Foto: Süleyman Kayaalp, courtesy Skulpturenpark Waldfrieden, Wuppertal

Grundsätzliches zur Skulptur

24. Januar 2013

Bildhauerei von Didier Vermeiren im Skulpturenpark Waldfrieden – Wupperkunst 02/13

Die Künstler, die Tony Cragg einlädt, im Skulpturenpark seiner Stiftung auszustellen, verbindet einiges: Sie sind Bildhauer, und mit ihrer Kunst sind sie international angesehen. Natürlich treffen sie auf das Interesse von Cragg selbst, der die Kunst aus seiner Perspektive reflektiert. Und so verschieden diese Künstler in ihren Ansätzen und der Umsetzung auch sind, es geht doch immer um Bildhauerei in ihrem Wesen. Das zeichnet erst recht die Skulpturen des Belgiers Didier Vermeiren aus. Mit seinen plastischen Lösungen und im Umgang mit relativ konventionellen Materialien entwickelt er eine Art Alphabet der Bildhauerei, bestehend aus gegenstandsfreien Kuben und gefäßartigen Aufbauten vornehmlich aus Gips, Ton und Holz. Gewissermaßen analysiert er, was die Skulptur erst zur Skulptur macht, woraus sie sich zusammensetzt, und wie sie unmittelbar berührend sein kann. Dazu bedenkt er den Betrachter in seinen Dimensionen als Gegenüber mit. Damit aber zählt Didier Vermeiren zu den wichtigen europäischen Bildhauern der Gegenwart, der aus den Fragestellungen der Minimal Art heraus schon vor Jahrzehnten eine eigene Position entwickelt hat, und sein Werk sollte in den wichtigen Skulpturen-Museen hierzulande, also in Mannheim, Duisburg und Bremen ausgestellt werden. Aber auch im Pavillon des Skulpturenparks Waldfrieden hat der Überblick über die letzten zehn Jahre einen vorzüglichen Ort.

Alphabet der Bildhauerei

Um Didier Vermeiren ist es seit einiger Zeit erstaunlich ruhig. Vor allem im Radius der 1990er Jahren war er im Kunstgeschehen besonders präsent. Er war an den großen Gruppen- und Themenausstellungen beteiligt, er wurde zur Biennale Venedig eingeladen, und es waren und sind nach wie vor erstklassige Häuser, die seine Skulpturen in Einzelausstellungen vorstellen. Dabei bleibt Vermeirens Kunst auf Abstand zu allen Moden, und sie entwickelt sich in ihrem ganz eigenen Rhythmus. Sie hat etwas angenehm Konventionelles. Sie verweigert sich jeder eingängigen Lesart, auf den ersten Blick mögen die Skulpturen sogar enttäuschen. Sie wirken nüchtern, vielleicht wie funktionale Aufbauten, verzichten auf eine auffällige Buntfarbigkeit und enthalten sich überhaupt jeder Effekthascherei. Sie wollen lediglich aufmerksam geschaut, mit den Augen ertastet und umgangen sein: Diesen Grundbedingungen bleibt Vermeiren, der 1951 in Brüssel geboren wurde, dort auch heute sein Atelier unterhält und seit etlichen Jahren als Kollege von Tony Cragg an der Düsseldorfer Kunstakademie lehrt, in seinem ganzen Werk verpflichtet.

Bekannt wurde er ab Ende der 1980er Jahre mit seinen Sockelstücken – wobei es sich bei diesem Namen um ein Missverständnis handelt. Denn Vermeiren zeigt Bodenskulpturen, ohne Sockel also. Aber er ging bei diesen Arbeiten von realen Podesten (für bekannte monumentale Skulpturen oft im öffentlichen Raum) aus und wendete sich diesen ausschließlich zu, indem er sie in der Originalgröße und mit den Originalmaterialien nachbaute und als autonome Skulpturen – mit der ihnen eigenen Aura – präsentierte. Oder er kehrte vertraute Verhältnisse um, positionierte große und schwere Quader auf kleinen und leichten. Die Oberflächen sind von Hand gearbeitet, sie wirken geradezu minutiös geformt. Ohnehin wohnt Vermeirens Arbeiten ein in sich Ruhen, eine große Stille inne.

Im Dialog mit der Natur

Die neueren Skulpturen greifen derartige Erfahrungen auf. Im Skulpturenpark Waldfrieden sind sie präzise aufeinander bezogen, ja, in Paaren dialogisch platziert. Ohnehin kennzeichnet die verschiedenen Skulpturen einer Werkgruppe eine große Zusammengehörigkeit. Im Gespräch sagt Vermeiren, zu jeder Skulptur gehöre auch diejenige, die davor, und diejenige, die danach entstanden ist. In Wuppertal sehen wir, wie es gemeint ist. Die einzelne Skulptur nun besteht heute aus mehreren Teilen, wobei der untere Korpus genauso in sich differenziert und formal ausgelotet ist. Amorphe Formen sitzen auf präzise gebauten Kuben, deren Holzplanken einmal horizontal und einmal vertikal verlaufen und auf diese Weise interagieren. Im Detail beschäftigen sich Vermeirens neuere Skulpturen mit primären Phänomenen unserer Umwelt, etwa wie ein Stein aussieht, oder wie die Tektonik eines Hauses „funktioniert“, und wie Dinge ruhen, wie sich ein plastischer Körper, gebaut auf Augenhöhe, zum Betrachter verhält.

Vergessen wir auch nicht, dass wir es hier in Wuppertal mit einem Pavillon mit durchgehenden Scheiben zu tun haben: Die Skulpturen sind von draußen, schon im Spaziergang hin zum Pavillon zu sehen. Und von drinnen dann sehen wir gleichzeitig die Natur, die hochragenden Bäume mit ihren Resten von Grün oder – sollte es schneien – die Schneeflocken und die weiße Decke. Bei aller Verdichtung und der vorgetragenen Allansichtigkeit verweisen diese Skulpturen immer noch auf ihre Umgebung. Sie werden zum plausiblen Teil von dieser. Blicken wir wieder nach draußen, in die Landschaft mit den dortigen Skulpturen: Hier ist schon der rechte Ort für große Kunst.

„Didier Vermeiren – Skulpturen“ | bis 17.2. | Skulpturenpark Waldfrieden, Wuppertal | www.skulpturenpark-waldfrieden.de

THOMAS HIRSCH

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