Was vermitteln Kunstwerke von der Zeit, in der sie entstanden sind? Und haben sie in der Zukunft noch Bedeutung – oder gerade erst dann? Kunstwerke sind Dokumente und Statements zu ihrer Zeit in ästhetischer Transzendierung. Dazu kommt vielleicht die Hoffnung auf ein Meisterwerk; was ein Museum gesammelt hat, ist unverkäuflich, und das ist auch richtig so. Das belegt etwa die Von der Heydt-Sammlung, die besonders Impressionisten und Expressionisten der Weltklasse beinhaltet. Sie ist die Basis für viele Ausstellungen gerade der letzten Jahre im Von der Heydt-Museum und sorgt mit dafür, dass die Besucher von nah und fern anreisen und wiederkommen.
Das könnten irgendwann auch die Bilder der Ausstellung „Welcome Party“ bewirken, die, hochkarätig und sehenswert, noch einige Wochen im Mezzanin-Geschoss gezeigt werden. Sie zeigt Kunst, die in den vergangenen Jahren teils in den Sammlungsbestand, teils den Kunst- und Museumsverein, übergegangen ist: durch Erwerbungen der dem Museum verbundenen Stiftungen, Schenkungen von Sammlern und auch der Künstler oder ihrer Familien. Letzteres betrifft den zweiten Ausstellungsraum mit Karl Kunz (1905-71), der 2014 mit einer Einzelausstellung genau hier wiederentdeckt wurde. Seine nun ausgewählten Bilder sind zwischen 1945 und 1960 entstanden. Er ist der älteste Künstler der „Welcome Party“. Dem Traditionellen verbunden ist auch das anschließende Kabinett, das drei Zeichner unterschiedlicher Generationen vorstellt, die ihre Umgebung realistisch erfassen. Wie schön, dass der Wuppertaler Wolfgang Schmitz vertreten ist; etwas schade, dass der berühmte Peter Ackermann, von dem vor drei Jahren Radierungen in die Sammlung gekommen sind, nicht dabei ist. Trotzdem: in seiner Verdichtung ist dies ein inspirierender Ausstellungsraum.
Kontrapunktisch dazu steht der abschließende Saal. Er führt ein weites Spektrum zeitgenössischer Äußerungen bevorzugt als Malerei vor Augen. Hier kommt es sozusagen zum großen Finale, in dem etliche Bilder als Erwerbungen aus früheren Einzelausstellungen im Museum und in der Kunsthalle wieder auftauchen, die eben aus diesen, im vergleichenden Sehen, ausgewählt wurden. Driss Ouadahis Gemälde etwa, das vor einem Jahr im Haus der Jugend zusammen mit Tamara K.E.'s „Pioneer“ ausgestellt war – nun treten die Bilder wieder in einen visuellen Austausch, zu dem das Gemälde von Corinne Wasmuht beiträgt: Das Zusammenspiel sorgt für Mehrwert. Andererseits fasst man sich an den Kopf, wie das große gegenstandsfreie Bild auf PVC-Folie des durchaus hochgeachteten Werner Haypeter in den Kontext der gegenständlich dominierten Sammlung zu integrieren wäre. Zudem muss das Bild nicht nur gelagert, sondern auch konservatorisch im Auge behalten werden.
Bei allen Werken aber handelt es sich um Entscheidungen aus einer Vielzahl an Alternativen (der Künstler, der Werke), hinter denen, zumindest wenn es um die Einladung zur Ausstellung ging, als roter Faden die Handschrift des Direktors, Gerhard Finckh (assistiert von seinen Kuratorinnen Antje Birthälmer und Beate Eickhoff) steht. Was wir sehen, ist eine an der Wand versammelte Bilanz der letzten Jahre und des Engagements für das Museum. Und was die Kunstwerke selbst betrifft: Willkommen im Club! Und auf Wiedersehen!
Welcome Party | bis Ende April | Von der Heydt-Museum | 0202 563 62 31
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