Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 1

12.581 Beiträge zu
3.810 Filmen im Forum

Foto: Karl-Heinz Krauskopf

Zufall und Zahnlücken

23. April 2020

„Roll over Beethoven“ im Skulpturenpark – Musik 04/20

Kein Sinn für Traditionen? In seinem Buch „Die Barbaren“ findet Alessandro Baricco das Phänomen der Kulturklage nicht nur in Lamenti zum Digitalzeitalter, sondern auch in Skepsis gegen Beethoven: Als frivol verriss ein zeitgenössischer Kritiker dessen Neunte Sinfonie. Auch die Große Fuge B-Dur stammt aus dem Spätwerk des Komponisten und bricht mit Hörgewohnheiten. Mit ihr startet im Pavillon des Skulpturenparks das Klavierkonzert der Reihe „Tonleiter“.

Mit der Fuge entschied sich Beethoven, alle Stimmen eine eigene Melodie verfolgen, aber schließlich zum Gleichklang kommen zu lassen. Er ließ ihnen schroff ihr Eigenleben, erklärt Holger Groschopp, Planer und Pianist des Programms gemeinsam mit Majella Stockhausen: „Das Resultat ist ungeheuer energiegeladen, fast manisch, bedient weder die Erwartung an klassische Ausgewogenheit noch an romantische Gefühligkeit.“

Mit Erwartungen bricht auch die Hommage „Roll over Beethoven“ von John Adams. Der Klassik-Verlag „Boosey & Hawkes” kommentiert: „Adams erweist Beethovens stark physischer, expressiver Welt seine Reverenz, indem er seine eigenen, unvorhersehbaren Musikformen aufbaut.“ Das Werk des 1947 geborenen Komponisten stellen Stockhausen und Groschopp ans Ende des Abends.

Zuvor aber das dreiteilige „Monument – Selbstporträt – Bewegung“ von György Ligeti: „Selbstportrait mit Reich und Riley (und Chopin ist auch dabei)“ ist hier der lange Titel von Stück zwei. Steve Reich und Terry Riley, Urväter der minimal music, pflegten bewusst überschaubare Strukturen, doch Ligeti ergänzt auch Irritierendes: Zufallsresultate und „Zahnlücken“ (Groschopp). Zudem baue er eine klare Reminiszenz an den letzten Satz der zweiten Chopin-Sonate ein, von der einst Schumann halb bewundernd sagte: „Musik ist das nicht.“

Bei Felix Bönigk (geboren 1993) schließlich hallen Ligeti und Adams hier und dort wider. Sein Stück „… ins Vergangene …“ ist eine Uraufführung. Groschopp: „Das extra für uns geschriebene Werk soll auch in München aufgeführt werden, aber der Wuppertaler Termin kam früher!“ Schroff, unvorhersehbar, jung. Man darf wohl versprechen: Dieses Programm ist eigenwillig.

Roll over Beethoven | geplant: Sa 25.4. 19 Uhr | Skulpturenpark Waldfrieden | 0202 478 981 20

MARTIN HAGEMEYER

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Konklave

Lesen Sie dazu auch:

„Entscheidend ist, überzeugend in seiner Arbeit zu sein“
Die Wuppertaler Bildhauerin Beate Schroedl-Baurmeister ist auf der 60. Kunstbiennale in Venedig vertreten – Interview 11/24

Begegnung auf einer Schifffahrt
Julia Wolff liest im Skulpturenpark

Der Kombinator
Eduardo Paolozzi im Skulpturenpark Waldfrieden – kunst & gut 10/24

Ferne Welten
Das Transorient Orchestra im Skulpturenpark Waldfrieden – Musik 08/24

Bodenständig dynamisch
Anthony Caro im Skulpturenpark Waldfrieden – kunst & gut 04/24

In ganz neuem Licht
Mischa Kuball im Skulpturenpark Waldfrieden – Kunst 10/23

Exo-Dimensionen der Sichtweise
Andreas Schmitten im Skulpturenpark Waldfrieden
 – kunst & gut 12/22

Rituelles Blutrot auf formlosen Formen
Anish Kapoor im Skulpturenpark Waldfrieden
 – kunst & gut 10/22

Artifizielles Müllrecycling mitten im Wald
„Unklumpen“ im Skulpturenpark Waldfrieden
 – kunst & gut 07/22

Wesen aus Heavy Metal
Joan Miró in Wuppertal – Kunst 10/19

Abenteuer der abstrakten Kunst
Imi Knoebel im Skulpturenpark Waldfrieden – kunst & gut 09/17

Heiter und glücklich in den Frühling
Das könnten fröhliche Entdeckungen in den kommenden Tagen sein – Prolog 03/17

Musik.

Hier erscheint die Aufforderung!