Er schuf unzählige Kinderbücher und kreierte satirische Bände für Erwachsene: Der Grafiker und Illustrator Tomi Ungerer. Zahlreiche seiner Werke wurden mit wichtigen Preisen bedacht und ausgezeichnet – und einige waren zeitweilig verboten. Eine seiner famosesten Arbeiten sind „Die drei Räuber“, eines der berühmtesten Bilderbücher überhaupt. 2007 wurde dieser Kinderklassiker als ungewöhnlich anspruchsvoller und deshalb sehenswerter Animationsfilm adaptiert und Regisseur Christof Seeger-Zurmühlen, bis 2011 Schauspieler am Jungen Schauspielhaus Düsseldorf und seit 2006 außerdem als freier Regisseur tätig, bringt die Kombination aus Buch und Film nun auf die Bühne des Opernhauses. Im Mittelpunkt desunkonventionellen Stücks steht Tiffany (Marie Nest). Sie ist im Waisenhaus dem unerbittlichen Regiment der grässlichen Leiterin (Hanna Werth) ausgesetzt und deshalb durchaus froh, als sie versehentlich von den drei Räubern Flint (Heisam Abbas), Jakob (Hanno Friedrich) und Malente(Alexander Steindorf)entführt wird. Diese kauzigen Handlungen verraten die Liebe zum poetischen und beziehungsreichen Detail, die mehr wunderlichen als süßen Figuren verorten in einer Mischung aus Neugier und Zögern, Unternehmungslust und anarchischem Spaß die wichtigen Fragen des Lebens. Ausgeschrieben als Inszenierung für „Menschen ab sechs Jahren“ erzählt die Geschichte der Drei Räuber auf unaufdringliche Weise viel von den großen Tugenden und kleinen Taten im zugewand-liebevollen Miteinander, an die sich auch Erwachsene immer mal wieder erinnern dürfen.
Regelrechten Kultcharakter genießt ein Stück von Wuppertal für Wuppertal, gespielt von einer Wuppertalerin, das selbstverständlich den Namen des erklärten Lieblingsstadtteils als Dreh- und Angelpunkt im Titel trägt. Die Rede ist von der Barmer Küchenoper, die sich als eine Art Heimattheater umschreiben lässt. So wie Elke Heidenreich einstmals am Küchenfenster wichtigste Ereignisse Revue passieren ließ, hockt Dörte aus Heckinghausen in ihrer Küche, um Geschichten aus dem Tal zu erzählen, zu besingen und zu bequatschen. Im Mittelpunkt steht Dörte Bald, studierte Sonderpädagogin und Sängerin, die außerdem als Rezitatorin und Dozentin berufstätig ist. Alle zwei Monate gibt es eine Fortsetzung oder Ausführung, Neuauflage oder Weiterentwicklung dieses herzlichen Kaffeeklatschgeschichten- und Lästereien, die teilweise aufeinander aufbauen – weshalb die Fangemeinde keine Episode verpassen will – aber auch für Neueinsteiger ziemlich schnell ziemlich amüsant sind.Immer mit dabei ist Klaus aus dem Radio, dargestellt von Burkhard Heßler, der so etwas wie Stichwortgeber oder neudeutsch Sidekick für die erzählfreudige Dörte ist sowie ihre Freundin und Nachbarin Heidemarie (Birgit Pardun). Ebenso finden weitere Freunde, Bekannte und ungeliebte Zeitgenossen den Weg in diese Küche. Doch die Küche ist nicht einziger Schauplatz, vermittels eingespielter Videos und Projektionen auf die Nebenbühne werden Abstecher möglich. Theoretisch führen sie um die ganze Welt, zuweilen aber doch bloß bis ins benachbarte Elberfeld. Live und ohne doppeltes Netz wird agiert, also gesungen, musiziert und getanzt, zuweilen geben sich Gäste die Ehre, so war Musiker Björn Krüger ebenso mit von der Partie wie Sopranistin Hayat Chaoui. Im sogenannten Waihnachts-Späschelwird in der Barmer Küchenoper ein ganz besonderer Happen serviert. Dörte spielt mit Heidemarie und Klaus sowie einer Vielzahl überraschender Gäste die schönsten Lieder, es gibt also so etwas wie ein „Best-of“. Dazu gibt es heimelig Weihnachtliches mit Kinderstimmen und Gebäck. Dem Vernehmen nach hat auch Knecht Ruprecht sein Erscheinen avisiert, um die lange Liste mit Dörtes bösen Taten aus den vergangenen elf Folgen vorzutragen.
Die drei Räuber | Sa 7.12. 18 Uhr | Opernhaus
Die Barmer Küchenoper | So 15.12. 18 Uhr | Haus der Jugend Barmen
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Ein ganzer Kontinent hat ausgewürfelt
Rimini Protokoll inszenieren John Cages „Europeras“ im Opernhaus – Auftritt 03/19
Kreativer Irrsinn oder die Krankheit der Metropole
Alexander Marusch inszeniert im Opernhaus „Pension Schöller“ – Auftritt 03/18
Als Gutmensch das Leben meistern
Philantrope Seiten beleuchten das Programm im Mai – Prolog 06/17
Wilde Hatz durch Innereien
Johann Kresnik inszeniert „Die Hölle/Inferno“ frei nach Dante Alighieri – Auftritt 02/17
Frühe Hilfen gegen den Winter-Blues
November-Vorschau in Sachen Kultur fällt positiv aus – Prolog 11/16
Kein Mitleid mit dem Mörder
Tilman Knabe inszeniert „Peter Grimes“ in Dortmund – Oper in NRW 06/16
Hell-raisers, Schnellredner und Geschwätzige
Kabarett, Drama und Rockmusik im Tal – Prolog 05/16
Lulu ist kein Wolf im Lammfell
Musikalische Ausblicke und ein Literaturfestival – Prolog 04/16
Kunststadt an der Schwebebahn
Die Kunstszene entwickelt sich äußerst spannend – Prolog 02/16
Alles auf Anfang
Gute Vorsätze? Klar: Mehr Leichtigkeit! – Prolog 01/16
Mut zum Außergewöhnlichen
Das Leben ist kein Traum, kann im März aber traumhaft sein – Prolog 03/15
Hohe Erwartungen
Die Wuppertaler Bühnen unter neuer Leitung – Prolog 09/14
Schäferwagen und Hexenhaus
„Hänsel und Gretel“ am Opernhaus Wuppertal – Auftritt 11/24
Ohne Firlefanz
Premiere von „Salome“ im Wuppertaler Opernhaus – Auftritt 10/24
„Im Stück steckt ganz viel Politik drin“
Regisseurin Barbara Büchmann über „Der einzige Mann am Himmel bin ich“ in Wuppertal – Premiere 10/24
Das schöne Wesen aller Dinge
Festival Spielarten 2024 in NRW – Prolog 09/24
„Macht und Machtspiele“
Intendant Thomas Braus über die neue Spielzeit am Wuppertaler Schauspiel – Premiere 09/24
Zahlreiche Identitäten
6. Hundertpro Festival in Mülheim a.d. Ruhr – Prolog 08/24
„Eine andere Art, Theater zu denken“
Dramaturg Sven Schlötcke über „Geheimnis 1“ am Mülheimer Theater an der Ruhr – Premiere 08/24
Weltstars in Wuppertal
Größen der Rock- und Pop-Szene gastieren im LCB – Porträt 07/24
Unterhaltsame Kurzweil
„Die lustigen Weiber von Windsor“ am Wuppertaler Opernhaus – Auftritt 07/24
„Schauspielerfahrung schult perspektivisches Denken“
Schauspieler Thomas Ritzinger hat mit „Die letzte Nachtschicht“ einen Roman geschrieben – Interview 07/24
Bewegte Geschichte
Soziokulturelles Zentrum Die Börse in Wuppertal – Porträt 06/24
„Wir sind eher im sozialkritischen Drama zuhause“
Regisseur Peter Wallgram über „Woyzeck“ am Wuppertaler Theater am Engelsgarten – Premiere 06/24
Jack the Ripper im Opernhaus
Ausblick auf die Spielzeit der Wuppertaler Bühnen – Bühne 05/24