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Edouard Manet, Die Zitrone, 1880, Öl auf Leinwand, 14 x 22 cm, Paris, Musée D'Orsay, Legs du Comte Isaac de Camondo
© Foto: bpk / RMN – Grand Palais/ Patrice Schmidt

Moderne Malerei

30. November 2017

Edouard Manet mit seinen Zeitgenossen im Von der Heydt-Museum – kunst & gut 12/17

Keine leichte Aufgabe. Selbst für das Von der Heydt-Museum waren Edouard Manets berühmteste Gemälde wie „Olympia“, das „Frühstück im Freien“, die „Erschießung Kaiser Maximilians“, „Nana“ und der „Pfeifer“ nicht zu kriegen. Als hoch fragile Attraktionen ihrer Museen, besonders des Pariser Musée d'Orsay, werden sie kaum noch ausgeliehen. Indem das Von der Heydt-Museum aber bei der Präsentation der verbliebenen Bilder und der Werke seiner Zeitgenossen auf jede kompensatorische Theatralik verzichtet, ergibt sich doch ein genauer Blick auf den großen Maler der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Räume und Säle des Obergeschosses liefern die Struktur für die chronologische und motivische Ordnung, der die Ausstellung anhand von Gemälden, Druckgrafiken und Fotografien folgt. Vielleicht nur, dass dabei die gesellschaftspolitische, zeitkritische Seite von Manet nicht ganz so scharf beleuchtet ist.

Edouard Manet (1832-1883) war mit seiner Malerei ein Störenfried, eben weil er mit seinen Themen und auch in der malerischen Umsetzung auf der Höhe seiner Zeit war. In Paris war er mit den Impressionisten befreundet – Berthe Morisot, die er mehrfach porträtiert hat, heiratete später sogar seinen Bruder – aber er nahm nicht an ihren selbstorganisierten Ausstellungen teil, weil er bei diesen eine gesellschaftskritische Ausrichtung vermisste und der Meinung war, dass die Künstler sich der Kritik zu stellen hatten. Folglich bewarb er sich regelmäßig für die Ausstellungen des Pariser Salons. Einige seiner Bilder wurden dort abgelehnt. Beim „Frühstück im Freien“ sorgte die Nacktheit der Frau neben den vornehm gekleideten Männern für einen Skandal. Das Gemälde der „Olympia“ geht sogar noch weiter. Die (gemeinhin bekannte) Prostituierte, die von einer schwarzen Dienerin bewirtet wird, nimmt selbstbewusst Blickkontakt mit dem Betrachter des Bildes auf. Beide Meisterwerke sind im Von der Heydt-Museum, begleitet zwar von Druckgrafiken, lediglich als Fotoreproduktionen im Posterformat zu sehen – die Brisanz der Gemälde (die wir als Zeitferne wohl ohnehin nur bedingt nachvollziehen können) kommt dabei so gar nicht zum Ausdruck.

Mit solchen provokanten Bildern, die durch ihre Originalität und ihre großartige Bildkomposition bestechen, erweist sich Edouard Manet als rigoroser Verfechter der Moderne. Er ist präziser Beobachter der großen gesellschaftlichen und politischen Umbrüche und übersetzt seine Wahrnehmungen und Kommentierungen in zeitgeschichtliche Ereignisbilder von Weltrang. Und er ist ein wunderbarer Maler! Das unterstreichen in Wuppertal besonders die frühen Meeres- und Schiffsbilder mit der Präzisierung der Segel und der Abstraktion der Wellen, und die Porträts, die psychische Befindlichkeiten vermitteln, und schließlich die späten Gemälde des Landhauses in Rueil (1882). Hinter Bäumen versteckt oder doch von diesen verschattet, sind die farblichen Nuancen der hell beschienenen Fassade mit dem roten Band auszumachen. Manet verbindet den Realismus mit dem Impressionismus. Seine feinen Verschleifungen der Farbe und die Innigkeit der Darstellungen kommen noch in den hinreißend lapidaren Stillleben zum Ausdruck, etwa der Malerei einer Zitrone oder eines toten Hasen. Die Schale mit dem „atmenden“ Gelb ist ebenso wie das Fell aus vibrierenden Härchen als geradezu greifbare Wirklichkeit erfasst.

Teil der Ausstellung sind zahlreiche Fotografien, etwa von Nadar, und fotografische Sequenzen, die den zeitlichen Kontext weiter verdeutlichen und mit diesem damals neuen Bildmedium die Frage nach dem Realismus in der Kunst – und der Rolle der Malerei – aufwerfen. Mit den Malereien und druckgrafischen Blättern der Zeitgenossen von Anselm Feuerbach bis Claude Monet und Caillebotte, öffnet sich die Ausstellung weiter für die Kunstströmungen zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. Und sie konzentriert sich in den letzten Kapiteln des Rundgangs doch wieder ganz auf Edouard Manet. Er ist Ausgangspunkt und Ziel dieser Ausstellung über die großen Leistungen zur Malerei in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Edouard Manet | bis 25.2. | Von der Heydt-Museum | www.vdh.netgate1.net

THOMAS HIRSCH

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