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Holmead, Père et Fils, Öl auf Leinwand über Sperrholz, 36 x 46 cm, Sammlung Joseph Hierling
© Nachlass Holmead, Frankfurt/M.

Schnelle Bilder

23. Februar 2017

Eine Entdeckung: Holmead in der Von der Heydt-Kunsthalle Barmen – kunst & gut 03/17

Für Holmead bedurfte es der Erfahrung von sechs Jahrzehnten Malerei, um solche Bilder zu malen. Dazu trugen sein Pendeln zwischen der amerikanischen Heimat und der europäischen Ferne und schließlich die Einschränkungen des Alters und eines Schlaganfalls bei. Holmeads grandiose späte „Short Hand Paintings“ sind überwiegend anonyme Porträts. Als solche treten sie meist alleine auf: als Häupter und Büsten vor einem „malerischen“ Grund, vis-à-vis zum Betrachter. Diese Bilder, die auf Leinwand, aufgezogen auf Sperrholztafeln, oder direkt auf Holzflächen gemalt sind, besitzen moderate Formate. Die Malerei zieht sich mit breiten, pastosen Pinselstrichen wie Schneisen durch das Geschehen, ja, sie erzeugt dieses erst. Die Figuren sind mit Nachdruck in die Farbmaterie eingeschrieben. Das Grimassierende oder wie im Hohlspiegel Verzerrte formuliert erst die Individualität. Das ist humorvoll und ernst zugleich. Die Porträtierten werden zu „Typen“ mit großer Ausdrucksstärke.

Der Kopf des Mannes „Mit roter Wange“ (1973) kippt zur Seite, der Schnurrbart scheint zu wippen. „Vater und Sohn“ (1973) sind einträchtig zusammengerückt und scheinen gemeinsam einen Punkt außerhalb des Bildes zu fixieren, unterstrichen dadurch, dass der Vater aus der seitlichen Wendung heraus schaut und der Sohn die Hand zum Kinn führt. Oder die köstlichen „Drei Grazien“ (1971): Mit ihren eingefallenen Wangen und den gefletschten Zähnen und ihren schwarzen, wie zusammengewachsenen Kleidern lassen sie an Schwarze Witwen denken. Bei solchen Bildern, bei denen das grotesk Verzerrte symbolische Züge trägt, ist James Ensor nicht fern – der große Maler in Holmeads Wahlheimat Belgien. Aber Holmead ist in seiner Kunst vor allem Realist. Er verleiht seinen Figuren eine immense Präsenz, schon indem er ihre Gesichter wie mit Scheinwerfern beleuchtet. Faszinierend ist die malerische Souveränität auf engstem Bildraum. Die Geschwindigkeit bleibt ablesbar, und doch ist diese Malerei minutiös, wie in Zeitlupe. Daraus entstehen Charakterköpfe der Wirklichkeit, die manchmal auch an Daumier erinnern. Und Holmead bleibt voller Respekt. Ein Hauch des Verletzlichen und Vergänglichen kennzeichnet diese Gestalten ohnehin.

Die „Short Hand Paintings“ sind eine Quintessenz seines Schaffens. Holmead ist zeitlebens ein origineller Maler gewesen, aber er ist kein Vertreter der Avantgarde. Vielmehr bleibt er einem expressiven Realismus verpflichtet. Und auch wenn er seine Landschaften mitunter bis in die Abstraktion treibt, so gibt er doch immer die tatsächliche Farbigkeit der Natur wieder. Ausgangspunkt ist der Impressionismus. Holmead malte zunächst, im frühen 20. Jahrhundert, in der Landschaft mit grobem Pinsel auf kleine Papptäfelchen. Diese Skizzen entwickelte er im Atelier weiter zu präzise komponierten Bildern. Das Raue, Hastige der sinnlichen Erfahrung der Natur bleibt in den Stauchungen, Raffungen und im Abbrechenden des Pinselstrichs erhalten. Der pastose Farbauftrag geht noch mit der Verknappung der Motive – Bäume, Häuser, Wege oder Wolken – einher.

Holmead wurde 1889 in Pennsylvania als Clifford Holmead Phillips geboren. Der Vater besaß eine gutgehende Möbelfabrik, die Holmead ermöglichte, selbst eine Kunstsammlung anzulegen und nach Europa zu reisen. Dort ließ er sich vorübergehend in Paris und Brügge und danach in München nieder. Sein Lieblingsland aber wurde Belgien. Und nachdem er sich kriegsbedingt ab 1941 in den USA aufgehalten hatte, übersiedelte er 1955 nach Brüssel. Hier malte er zunächst Stadtansichten und Landschaften und setzte dies auch nach der Hinwendung zu den Porträts Ende der 1960er Jahre bis zu seinem Tod 1975 fort.

Wahrscheinlich hätte diese Ausstellung – umsichtig kuratiert von Beate Eickhoff – doch besser ins Von der Heydt-Museum gepasst, wo sie im Mezzanin-Geschoss die lose Reihe realistischer Malerei früherer Jahrzehnte fortgesetzt hätte. Andererseits wird bei Holmead das atemberaubende Potential figurativer Malerei deutlich. Und das ist schließlich ein zentrales Anliegen der Kunsthalle in Barmen.

„Holmead“ | bis 7.5. | Von der Heydt-Kunsthalle Wuppertal-Barmen | 0202 563 65 71

Thomas Hirsch

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