Wir müssen reisen. Es ist lange her, dass die Bilder von Udo Dziersk in Wuppertal zu sehen waren. Zuletzt fand eine Ausstellung in Alphen in den Niederlanden statt, und im August und September nimmt er ein Atelierstipendium in China wahr, verliehen vom deutsch-chinesischen Kulturaustausch DCKD e.V. Immerhin ist jetzt eine Monographie im Karlsruher Verlag Engelhardt & Bauer herausgekommen, die z. B. bei der Mayerschen Buchhandlung in Barmen aufliegt. Sie umfasst die Jahre 2005 bis 2012 und schließt damit nahtlos an das orangefarbene Buch an, das vor einigen Jahren anlässlich der Museumsausstellung in Gelsenkirchen erschienen ist. In beiden Bänden zusammen erhält man einen guten Überblick über die Kunst von Udo Dziersk in den vergangenen zehn Jahren und erfährt, weshalb er zu den wichtigen gegenständlichen Malern hierzulande gehört.
Seiner Malerei ist Dziersk über die Jahre treu geblieben. Er malt, in souveräner Beherrschung des Handwerks, realistisch, er zeigt Figuren und Landschaften, mitunter auch Stillleben. Aber er setzt Irritationen und entwirft komplexe Verknüpfungen, die zwischen Künstlichkeit und Natur ausloten und mithin die Geschehnisse in unseren mentalen Vorstellungswelten verorten. Dziersk stellt einzelne Motive frei, nimmt sie als Fragment oder auch als Silhouette; er setzt sie in eine grüne Landschaft oder in einen Farbgrund und verknüpft sie hier, teils mittels Linien, assoziativ mit anderen Motiven. Dabei schlägt er verschiedene malerische Tonlagen an, handelt mit präziser Kontur oder mit Schattenwürfen und unterstützt so die räumliche Anlage. Dann wieder lässt er den gestischen Pinselstrich stehen und führt auf diese Weise alles wieder auf Malerei zurück. Die Bilder von Udo Dziersk enthalten Zitate und Anspielungen, etwa an reale Landschaften oder an die Kunstgeschichte, bisweilen verfügen sie über Lokalkolorit und autobiographische Verweise und entfalten noch eine enorme erzählerische Kraft.
Udo Dziersk wurde 1961 in Gelsenkirchen geboren, und es gibt eine Karriere vor der Karriere als Künstler. 1980 bis 1982 war er Torhüter in der Fußball-Oberliga Westfalen, der dritthöchsten Spielklasse, ehe er sich doch für die Kunst entschied und an den Akademien in Karlsruhe, Berlin und Düsseldorf studiert hat. Sein Studium schloss er 1988 in Düsseldorf als Meisterschüler bei Markus Lüpertz ab und wurde schon bald mit Ausstellungen und Stipendien ausgezeichnet. Seit 2002 unterrichtet er selbst als Professor an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf. Und auch das erfährt man nun aus der Monographie: Schon seit 1995 lebt und arbeitet Dziersk in Barmen, wo er eine ehemalige Schreinerei zum Atelier umgebaut hat. Aber er malt auch auf Reisen, etwa im Sommer in Italien oder bereits 2001 in Peking, bei einem dreimonatigen Arbeitsaufenthalt. Anschließend wurden die fertigen Bilder im Kunst-Pavillon in München gezeigt. Nun also wird Udo Dziersk erneut in China arbeiten – und vielleicht sind diese Bilder dann ja hier in der Region zu sehen.
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