Es macht Sinn, dass die Stadtsparkasse die Gemälde von Rob de Vry und von Masaki Yukawa zusammen ausstellt. Nicht nur haben beide Künstler eine enge Beziehung zu Wuppertal, sondern sie gehen bei ihrer Malerei auch ähnlich vor. Ja, ihre Bilder ergänzen sich geradezu kongenial und passen in der Ausstellung erst recht nebeneinander. Beide Künstler greifen vorgefundene Formen und Formverläufe aus ihrer Umgebung heraus, indem sie heranrücken und ihre Oberflächen malerisch abtasten. Folglich schwingen jeweils konzeptionelle Überlegungen mit, auf unterschiedliche Weise.
Rob de Vry, der aus den Niederlanden stammt und im vergangenen Jahr von Wuppertal nach Berlin gezogen ist, feiert mit seinen Malereien in der Stadtsparkasse eine glanzvolle (vorübergehende) Rückkehr. Seine Bilder zeigen Ausschnitte aus Vorhängen, aufgebauschte oder verschattete Falten in spielerischen oder strengen Ordnungen zwischen Samt und Holzschnitt. Ausgangspunkt seiner Malerei ist die Kunstgeschichte. Er nimmt die Motive aus Meisterwerken von der Renaissance bis zur heutigen Kunst mit Bildern von Baselitz und Gerhard Richter – und er lenkt damit den Blick auf die Substanz dieser Gemälde und deren kulturhistorischen Hintergrund.
Masaki Yukawas Bilder wiederum scheinen näher gezoomt und folglich extrem zu vergrößern; die Darstellungen erinnern an biomorphe Schöpfungen, die als Silhouetten in unruhiger Bewegtheit auftreten … Nein, sagt Masaki Yukawa, auch wenn das mit dem Interesse am Mikroskopischen grundsätzlich stimme, so konkret sei seine Malerei nicht angelegt. Trotzdem, seine Bilder, die sich auf ein Repertoire aus Scheiben oder langgezogen ellipsoiden Flächen in einem einfarbigen, manchmal auch gerasterten Grund beschränken, wecken eine Vielzahl an Assoziationen. Die Malerei wirkt im Vergleich zu den Bildern von Rob de Vry „schroff“; erst allmählich enthüllt sie ihren Reichtum und ihre Nuanciertheit. Mitunter rufen die Formen Vorstellungen von Blattwerk im Gegenlicht auf, sozusagen räumlich gestaffelt um ein bewegtes oder „leeres“ Bildzentrum.
Der dritte Künstler
Masaki Yukawa wurde 1966 in Wakayama, in der Nähe von Osaka geboren. Ab 1991 hat er an der Kunstakademie Düsseldorf Malerei studiert und dort bei Jan Dibbets als Meisterschüler abgeschlossen. Seine malerische Sprache weist noch, zumal in ihrer Reduziertheit, auf die ostasiatische Herkunft und auf Phänomene der optischen Wahrnehmung. Tatsächlich hat er in seinen Ateliers in Wichlinghausen und in Wakayama Modellkästen mit Spiralen und Rundformen gebaut. Zu den perspektivischen Beobachtungen dieser Szenen bei Licht und Schatten fertigt er Zeichnungen an, die dann als Grundlage für die großformatigen Gemälde dienen. Hingegen entwickelt er die kleinen Bilder frei, direkt auf der Leinwand. – Ein wenig erinnern seine malerischen Formen übrigens an die Op Art der 1960er/70er Jahre, der ein Künstler wie Adolf Luther nachging: Dessen Spiegelwand ragt als „heimlicher“ weiterer Beitrag im Sparkassenforum hinter den Malereien von Rob de Vry und Masaki Yukawa sinnfällig auf.
Dominierend aber sind nun die drei großformatigen Gemälde von Masaki Yukawa. Die Formen darin verfügen über Abstufungen von Rot-, Violett- und Brauntönen. Sie verwachsen mit dem Raster und liegen doch unter diesem. Sie überlagern sich, fallen und halten inne, schieben sich von einem Bildfeld ins andere. Dabei wechselt die malerische Anlage zwischen „wässerig“ gestrichenem Schwung und deckender Fläche. Die Einfügung in die feste Bildstruktur betont noch den Eindruck von Organismen unterm Mikroskop. Aber, so ergänzt Masaki Yukawa, genauso sei ihm an der entgegengesetzten Empfindung gelegen: am Blick nach oben und ins Universum. Seine Bilder zeigen, so oder so, Ordnung und Unruhe in einem labilen Gleichgewicht – auch das ist etwas, was seine Malerei mit der von Rob de Vry verbindet.
Rob de Vry / Masaki Yukawa
bis 6.5. im Sparkassenforum am Islandufer, Wuppertal-Elberfeld
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