„Die Italiensehnsucht der Deutschen ist spätestens seit Goethes Italienischer Reise zum Topos, ja zum Inbegriff für Bildung schlechthin, geworden“, verrät die Volks-Enzyklopädie Wikipedia dem geneigten Leser gleich zu Beginn. Wen wundert es da, dass sich Dichter und Maler nach dem Land verzehren.
Das Wuppertaler Von-Der-Heydt -Museum widmete sich mit „Bella Italia - Fotografien und Gemälde 1815-1900“ der Italienliebe der Deutschen. In einer großen Ausstellung zeigte es bis zum 9. September 210 Originalfotografien und einige begleitende Gemälde. In neun Räumen waren unter anderem Werke von Giorgio Sommer (Fotografie), Oswald Achenbachs (Malerei) und Robert MacPherson (ebenfalls Fotografie) zu sehen. Die Wuppertaler Kunst- und Museumsnacht war eine der letzten Gelegenheiten für Schau.
Wechselwirkung von Fotografie und Malerei
Anders als an „normalen“ Tagen tobten Kinder durch den Saal, in dem üblicherweise eine bedächtige Stille herrscht. „Das ist ja ganz easy“, sagte ein Knirps und gab damit zu verstehen, dass er die Aufgabe begriffen hat. Sie bestand aus der Entdeckung von Gondolieren in den Werken zeitgenössischer Künstler. Das Von-Der-Heydt-Museum bot am Tag der Wuppertaler Kunst- und Museumsnacht spezielle Führungen für Kinder an. Bei einer Museumsrallye beschäftigte sich der Nachwuchs spielerisch mit dem Land, „in dem die Zitronen blühen“. Anschließend mussten die Kleinen bestimmte Punkte auf einem Arbeitsblatt eintragen, auf dem ein stilisierter Stiefel abgebildet war.
Kunstinteressierte begingen derweil die Ausstellung oder schlossen sich der halbstündig stattfindenden Führung an. Die Besucher folgten der sogenannten Grand Tour, die mittellose Künstler und reiche Bildungsbürger in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Norditalien nach Neapel führte. Immer wieder ging es um die sich gegenseitig befruchtende Wechselwirkung von Malerei und Fotografie. Die Fotografen aus der Pionier-Zeit waren in der Wahl ihrer Motive und deren pittoresken Wiedergabe nachhaltig von der zeitgenössischen Malerei und Druckgrafik des frühen 19. Jahrhunderts beeinflusst.
Schon früh galt das Interesse der Architekturfotografie. Zu sehen waren auch die für Italien typischen engen Gassen, über die Leinen mit Wäsche gespannt ist. Girogio Sommer fotografierte den Ausbruch des Vesuvs. Nach der Entdeckung von Pompeji gossen Wissenschaftler die Hohlräume der Vulkanasche aus. Der Künstler lichtete auch die teilweise grotesk wirkenden Totenabbilder ab.
„Von-Der-Heydt-Museum einen Besuch wert“
„Der Ausstellung ist es gelungen, ein Bild über das Land und seiner damaligen Wahrnehmung zu vermitteln“, lobte ein Besucher „Bella Italia“. „Wir haben viel über das Land, weniger über die Menschen erfahren“, ergänzte seine Begleitung. Die Schau habe etwas Unvergängliches. Er kommentiert: „Die meisten Motive würde man heute auch noch vorfinden.“
Insgesamt dreizehn Museen und Galerien öffneten von 17 bis 23 Uhr ihre Türen. Erstmals dabei sind in diesem Jahr ein Atelier der Uni, die Backstubengalerie und die Schwarzbach-Galerie. Eintrittskarten für die Museen kosteten 5 Euro, ermäßigt 3 Euro. Erstmals gab es Kombi-Tickets, die am Tag der Kunst- und Museumsnacht zur kostenlosen Fahrt mit Bussen und Bahnen berechtigte. Der Eintritt in die Galerien war kostenlos.
Die Wuppertaler Kunst-und Museumsnacht nahm das Paar für einen Besuch des Von-Der-Heydt-Museums zum Anlass. Zwar gäbe es in anderen Städten ein größeres Rahmenprogramm, bemängelten die Zwei, ergänzten sodann aber sichtlich zufrieden: „Das Von-Der-Heydt-Museum ist immer einen Besuch wert.“
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